Tom Buhrow, der sich als WDR-Intendant bislang vergleichsweise locker gab, erfährt in diesen Tagen erstmals in seiner neuen Position heftigen Gegenwind. Für Unmut sorgt der Vorschlag Buhrows, die bisherige Antenne-Bayern-Chefin Valerie Weber zur neuen Hörfunkdirektorin des WDR zu machen. Schon am Sonntag berichtete Hans Hoff über den Unmut auf den Gängen des WDR, inzwischen kursieren gleich zwei Briefe an Buhrow, von einer dreistelligen Anzahl an Mitarbeitern des WDR-Hörfunks unterzeichnet, die sich gegen die Berufung Webers wenden.
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" veröffentlichte einen der Briefe im vollen Wortlaut. Darin räumen die Unterzeichner zwar ein, dass Valerie Weber "ohne Zweifel eine sehr erfolgreiche Radiomanagerin" sei, ihre Erfolge aber über Jahrzehnte ausschließlich im Privatfunk erzielt habe. Sie stellen daher unter anderem die Frage, ob Weber "plötzlich überzeugte Anhängerin des öffentlich-rechtlichen Systems" sein könne. Schließlich habe sie "Ihre unbestrittenen Quoten-Erfolge im Radio ausschließlich in Programmen mit einem Mix aus seichtem Pop, reißerischer Eigenwerbung, Regionalpatriotismus, ständigen Gewinnspielen und Comedybeiträgen erzielt". Verwiesen wird etwa auf die "Maibaumklau"-Aktion, nach der Antenne Bayern einst einen ganzen Morgen lang nur zwei Lieder gespielt habe und das auch noch als "Radiogeschichte" feierte. Auch ihr Zitat "Nur sinnlose und zweckfreie Spiele lassen Menschen zu sich finden. Sie regen an zu Kreativität und Phantasie. Je sinnloser, desto erfolgreicher sind sie" wird angeführt.
Neben diesem Brief wandten sich aber auch die Mitarbeiter von 1Live, der jungen Welle des WDR, an Buhrow. Sie betonen "Unsere Art Radio zu machen, ist einzigartig und steht im krassen Gegensatz zum typischen Privatrundfunk." Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert weiter: "Herr Buhrow, wir freuen uns, Sie als Intendanten an Bord zu wissen, haben aber Bedenken, dass der gesamte WDR-Hörfunk in den nächsten fünf Jahren in eine aus unserer Sicht falsche Richtung gesteuert werden könnte, und möchten, dass Sie das wissen."
Am Mittwochvormittag stellte sich Buhrow, der ja selbst als "Kommunikator" angetreten ist, in einer außerordentlichen Redakteursversammlung seinen Kritikern. Und das Interesse war groß: Der Kleine Sendesaal des WDR platzte jedenfalls aus allen Nähten. Buhrow versuchte - auf seine gewohnt charmant Art - den Kritikern seine Sicht der Dinge darzulegen und forderte, Valerie Weber doch erstmal eine Chance zu geben. Buhrow: "Wenn jemand Groschenromane geschrieben hat, heißt das doch nicht, dass er keine Romane schreiben darf!"
Diese Aussage wurde allerdings von einem Redakteur in der gleichen Metapher gekontert: "Wenn wir Frau Weber einstellen, dann wäre es so, als wenn wir einem Groschenroman-Autor einen Vertrag und ein Büro geben, ohne dass sie bereits ein Manuskript in der Hand hält." Eine Kollegin stellte auch die Frage in den Raum, ob man denn wirklich sorgfältig gesucht habe - schließlich gebe es auch im WDR und anderen ARD-Anstalten zahlreiche fähige Wellenchefinnen und Abteilungsleiterinnen. Buhrow hingegen verwies darauf, dass er Weber deswegen vorgeschlagen habe, weil sie eine "überzeugende Wellenstrategie" präsentiert habe. Und die werde insbesondere wichtig, wenn die private Konkurrenz weiter wachse - ein Verweis auf die bevorstehende Ausschreibung einer neuen Frequenz-Kette in NRW.
Das wiederum provozierte die Frage eines Redakteurs an Buhrow: "Sind wir ein Autohersteller, dessen Flottenstrategie angepasst werden muss?" Klar ist: Alle Zweifel an Valerie Weber konnte Tom Buhrow an diesem Mittag bei seinen Mitarbeitern nicht ausräumen. Abbringen lassen will er sich von seinem Vorschlag, den er am Freitag erst noch durch den Rundfunkrat bringen muss, aber auch nicht. Buhrow: "Sie wird überzeugen müssen. Sie ist selber ihr bester Anwalt. Das wird viele nachdenklich machen und dazu bringen, ihr eine Chance zu geben." Sollte sie diese Chance nicht nutzen, hat allerdings auch Tom Buhrow ein Problem.