Es gibt sie noch, die Interviews in denen man etwas lernen kann. Das "Zeit"-Interview mit ZDF-Intendant Thomas Bellut und ARD-Programmdirektor Volker Herres ist ein solches, weil es einen spannenden Einblick in das Innenleben der Öffentlich-Rechtlichen gibt - vor allem aber zeigt es, wie wichtig die Quote inzwischen auch für ARD und ZDF geworden ist. So verweist Bellut etwa auf die Ausstrahlung einer Dokumentation über die gefälschten Hitler-Tagebücher zur besten Sendezeit - die habe allerdings nicht mal sieben Prozent Marktanteil eingefahren. "Wir bereuen nicht, den Film gezeigt zu haben. Aber es ist die Höchststrafe in unserer Branche, nicht beachtet zu werden", so Bellut.
Auf die Frage, was passieren würde, wenn man ein exzellentes Programm sendet, das nur einstellige Marktanteile erzielte, sagte ARD-Programmdirektor Herres: "Die Folge wäre eine Diskussion, die sich auf einen Satz verkürzen lässt: Warum müsse alle Beiträge für ein System zahlen, das von einem Großteil der Bevölkerung gar nicht genutzt wird?" Und Bellut ergänzte: "Wenn wir zur Hauptsendezeit nicht mehr so viele Menschen erreichen würden wie bisher, hätten wir auf Dauer ein Problem." Bellut und Herres betonen in der "Zeit" zwar, neben der Quote auf Qualität zu achten, doch der ZDF-Intendant gibt zugleich mit Blick auf das Tagesprogramm zu: "Natürlich bieten wir auch Durchschnittsware an."
Das alleine wäre freilich nicht verwerflich, doch sieht man von Höhepunkten wie etwa "Unsere Mütter, unsere Väter" ab, dominiert in weiten Teilen doch das Mittelmaß - auch wenn Volker Herres versichert, dass er etwa US-Serien gegenüber aufgeschlossen sei. "Es wäre bloß schwierig, einen regulären Sendeplatz im Programmablauf des Ersten dafür zu finden", erklärte er in dem Interview und spricht gar von einem "Luxusproblem". Herres: "Wir haben zu viele gute Angebpte und müssen uns daher gegen manche entscheiden." Angesichts zahlreicher Schmonzetten und Quizshows im Program mag man das allerdings nicht so recht glauben.
ZDF-Intendant Thomas Bellut betonte dagegen, dass etwa die in Sat.1 ausgestrahlte Serie "Homeland" etwas Herausragendes sei. "Dafür hätte ich Platz gefunden, wenn ich die Serie bekommen hätte", sagte Bellut. "Mein Traum ist es aber eher, dass wir in Deutschland selbst etwas wie die Sitcom 'The Big Bang Theory' über zwei junge Physiker machen, auch ein deutsches 'Homeland' traue ich uns zu." Ein weiteres Problem sind die oft undankbaren Sendeplätze, gerade für Dokumentationen. Auf die Feststellung der "Zeit", dass diese meist spätabends oder nachts laufen, entgegnete Herres: "Das ist ein Vorurteil. Am Montag um 22:45 Uhr gibt es im Ersten einen festen Sendeplatz für Dokumentationen." Wie gesagt: Es gibt noch Interviews, in denen man etwas lernen kann. Beispielsweise, dass 22:45 Uhr noch nicht spätabends ist.