Die Elefantenrunde heißt jetzt Frühschoppen, der Markwort heißt jetzt Tichy - soweit zu den auffälligsten Änderungen der diesjährigen Eröffnungs-Veranstaltung der Medientage München im Vergleich zu den Jahren zuvor. Ansonsten verfielen die wie immer viel zu zahlreich eingeladenen Diskutanten schnell wieder in die gleichen Schützengräben mit den gleichen Argumenten - aber nicht ohne zu beteuern, wie leid man die immer gleiche Diskussion, die man dann doch wieder führte, eigentlich sei.
Es ging also um den alten Streit zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privatsendern. Da durften Andreas Bartl von ProSiebenSat.1 und Jürgen Doetz vom VPRT erneut über die "Maßlosigkeit" der Bedarfsanmeldung von ARD und ZDF schockiert sein, obwohl sie doch sogar unter der Inflationsrate lag, wie ZDF-Intendant Schächter postwendend betonte. Da durfte Doetz, Bartl und Schäferkordt mal wieder die Forderung wiederholen, dass ARD und ZDF doch bitteschön künftig ohne Werbung auskommen sollen. Da durfte Markus Schächter noch einmal darauf hinweisen, dass ja schon das Beispiel Frankreich gezeigt habe, dass die Werbegelder dann mitnichten den Privaten zufließen würden.
Immerhin merkte Anke Schäferkordt schnell an, wie müßig diese Diskussion sei, nachdem man sie schon so viele Jahre führe. Immer werde über kleine Drehschrauben diskutiert und dabei das große Ganze aus dem Auge verloren. Die Diskussion darüber, ob das ZDF denn nun die Champions League kaufen dürfe oder wie hoch die Gebührenanmeldung ausfalle seien doch letztlich nur Symptome dafür, dass die Politik sich nicht klar äußert. Sie müsse die Frage klipp und klar beantworten, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk und der private Rundfunk eigentlich leisten solle. Stattdessen müssten nun Gerichte darüber befinden, ob dieses oder jenes Angebot rechtens sei - und das, ohne dass es dafür einen von der Politik klar gesetzten Rahmen gebe.
Ohnehin war es der Ruf nach der Medienpolitik der große Rahmen dieser Eröffnungsveranstaltung. Denn "unfaire Spielregeln", wie ProSiebenSat.1-TV-Vorstand Andreas Bartl es bezeichnete, machten fast alle Vertreter der traditionellen Medien aus. Die einen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern und Verlagen, noch viel wichtiger aber: Im Vergleich zu Playern, die nur im Internet tätig sind und dann womöglich auch gar nicht in Deutschland ihren Sitz haben und völlig anderen, deutlich laxeren Regularien unterworfen sind.
Burda-Vorstandschef Kallen beklagte etwa einen "Rucksack voller Kieselsteine", mit dem man als traditionelles deutsches Medium an den Start gehe, während die anderen locker auf den Platz laufen könnten und forderte ein "faires Spielfeld" für alle. Im TV-Bereich ist es nicht anders. Netzneutralität oder diskriminierungsfreier Zugang zu Plattformen müssten sollten eigentlich Themen der Medienpolitik sein. Stattdessen halte man sich in Deutschland etwa mit einem veralteten Medienkonzentrationsrecht auf, das die Medienkonvergenz noch gar nicht berücksichtige.
Dass ein einheitlicher Regulierungs-Rahmen etwa für TV und Internet dringend notwendig sei, werde etwa mit Blick auf Hybrid-TV deutlich, eines der großen Themen der diesjährigen IFA. ZDF-Intendant Schächter dazu: "Hybridfernsehen ist übermorgen da". Dann sei es aber so, dass auf der einen Seite des Bildschirms ein klassisch regulierter TV-Kanal auf dem gleichen Bildschirm mit einem Web-TV-Sender von Spiegel TV, der in keiner Weise diesen Regulierungen unterliegt, konkurrieren müsse. Auch Anke Schäferkordt appellierte an die Politik, nun endlich zu handeln, statt jahrelang zu diskutieren. "Konvergenz ist heute", so die RTL-Chefin. Gebe es einheitliche Vorschrifte, gebe es auch keinen Grund mehr zu klagen. "Wir haben alle Chancen, wenn man das Spielfeld eben gestaltet. Dann liegt es an uns", so Schäferkordt.
Doch daran, dass die Politik nun tatsächlich handelt, bestanden dann doch erhebliche Zweifel - trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der Politiker. VPRT-Präsident Jürgen Doetz: "Wenn wir hier jedes Jahr alte Themen bringen, dann doch nur, weil sich nichts geändert hat. Es ist beschämend, dass wir zehn Jahre über das Thema Werbung reden und nichts ändert sich. Es wäre auch beschämend, wenn wir uns nun wieder eigentlich alle einig sind, diskutieren aber wieder fünf Jahre". Und mit einem Hauch von Resignation fügte er hinzu: "Vielleicht übernachten wir lieber in einem Zelt vor dem Kanzleramt. Da bekommt man anscheinend mehr Aufmerksamkeit als wenn wir hier diskutieren."