Kein eindeutiger Gewinner, kein eindeutiger Verlierer: Das Kammergericht Berlin hat im Verfahren zwischen dem inzwischen zurückgetretenen, ehemaligen brandenburgischen Innenminister Speer und dem Springer-Verlag der "Bild"-Zeitung untersagt, in direkter oder indirekter Rede aus den privaten E-Mails Speers zu zitieren. Das zunächst vom Landgericht ausgesprochene generelle Verbot der publizistischen Nutzung der E-Mails sei allerdings zu weitgehend. Es gebe ein hohes öffentliches Interesse an den Umständen, die zum Rücktritt des Ministers geführt haben - grundsätzlich sei also die Berichterstattung über die Affäre und damit auch den Inhalt der Mails gestattet.

Speer war nach Berichten über eine Unterhaltsaffäre zurückgetreten. Er gab inzwischen zu, Vater eines unehelichen Kindes zu sein, für das er jahrelang keinen Unterhalt gezahlt hat. Die Mutter des Kindes bezog stattdessen Unterhalt vom Staat. "Bild" hatte aus privaten Mails zwischen Speer und der Mutter des Kindes zitiert.

 

 

Der Vorsitzende Richter sagte, dass in der Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit und dem Recht auf Privatsphäre hier dem Persönlichkeitsrecht Speers Vorrang einzuräumen sei. Zwar bestehe am Verhalten von Personen des politischen Lebens unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Aus den umstrittenen E-Mails sei jedoch ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis erkennbar. Sie hätten darauf vertraut, dass ihre Korrespondenz niemals einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werde.

Dazu komme noch, dass die E-Mails erst durch Straftaten Dritter beschafft worden seien und dies den verantwortlichen Redakteuren auch bewusst gewesen sei. Dass Speer eine Straftat begangen habe, stehe hingegen nicht fest, angesichts fehlender Beweise sei auch eine Verdachtsberichterstattung nicht gerechtfertigt gewesen. Der Presserat hatte eine Beschwerde über die Berichterstattung über Speer in der vergangenen Woche übrigens zurückgewiesen.

Bei "Bild" hält man die eigene Berichterstattung inklusive der Zitate nach wie vor für richtig und will diese Frage auch bis zuletzt vor Gericht ausfechten. "Bild"-Sprecher Tobias Fröhlich: "Wir begrüßen die Entscheidung des Kammergerichts, dass die publizistische Nutzung der E-Mails ausdrücklich erlaubt ist. Dass die Einstweiligen Verfügungen in Bezug auf das direkte oder indirekte Zitieren dennoch bestätigt wurden, halten wir für falsch. Um Klarheit für die Nutzung von Quellen in der journalistischen Arbeit zu bekommen, werden wir diesen Fall im Hauptsacheverfahren und, wenn nötig, bis zur höchstrichterlichen Entscheidung weiter führen."