Logo: Berliner ZeitungDas Arbeitsgericht Berlin hat sein Urteil gefällt: Josef Depenbrock darf weiterhin gleichzeitig sowohl Geschäftsführer des Berliner Verlages als auch Chefredakteur der "Berliner Zeitung" bleiben. Der Redaktionsausschuss, der darin einen Verstoß gegen das Redaktionsstatut sah, ist damit mit seiner Feststellungsklage gescheitert.

Das Gericht fand im Redaktionsstatut keine Regelung, die den Verlag bei der Auswahl des Chefredakteurs in irgendeiner Form einschränke. Vielmehr heißt es darin: "Den Chefredakteur bestimmt der Verlag." Der Redaktion werde darin lediglich ein Vorschlagsrecht und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt - ein weitergehendes Mitspracherecht hat die Redaktion aber nicht.

Auch Ewald B. Schulte, der bei Verabschiedung des Redaktionsstatuts Sprecher des Redaktionsausschusses war, inzwischen aber beim Konkurrenzblatt "Tagesspiegel" angeheuert hat, überzeugte mit seinen Ausführungen das Gericht offenbar nicht. Er argumentierte, zur Zeit der Festlegung des Statuts habe auch der Verlag nicht an der Trennung zwischen Chefredaktion und Geschäftsführung rütteln wollen, weshalb es keine Notwendigkeit für eine entsprechende Regelung im Redaktionsstatut gegeben habe. Diese Trennung habe man als üblich und selbstverständlich vorausgesetzt.

Die Vertretung des Redaktionsausschusses hatte zudem angeführt, Depenbrock könne als Geschäftsführer und Chefredakteur in einem die in dem Statut festgelegte Eigenständigkeit der Redaktion nicht sichern. Der Richter äußerte zwar Verständnis für die vorgebrachten Argumente der Kläger - doch einen rechtlichen Anspruch könne man aus dem Redaktionsstatut eben nicht ableiten.

Depenbrock hat sich nun also vor Gericht durchgesetzt - doch die Stimmung zwischen Redaktion und Chefredakteur dürfte das keinesfalls verbessert haben. Der Streit wird wohl - gerade nach dem kürzlich angekündigten verschärften Sparkurs - weiter öffentlich ausgetragen werden. Am Mittwoch war in der "taz" etwa auf der Medienseite eine große Stellenanzeige unter der Überschrift "Verleger gesucht" zu sehen. "Hochmotivierte Tageszeitungs-Redaktion in noch ungekündigter Position möchte sich neuen Herausforderungen stellen", heißt es darin.

Die beiden Gewerkschaften DJV und dju in ver.di bezeichneten das Urteil unterdessen in einer gemeinsamen Stellungnahme als "Pyrrhussieg" für Josef Depenbruck. In Montgomerys Mecom-Gruppe, zu der der Berliner Verlag gehört, stünden Auseinandersetzungen bevor, die Depenbrocks Position erschüttern könnten, heißt es darin. "Auf Dauer sind die beiden Positionen ohne Beschädigung der publizistischen Unabhängigkeit nicht miteinander vereinbar", so DJV-Bundesvorsitzender Konken. "Depenbrock und der hinter ihm stehende Investor David Montgomery sind auf dem besten Weg, ihre Zeitungen zu ruinieren."