Mit dem Einfluss der Politik auf den ORF ist es so eine Sache. Die Mitglieder des Stiftungsrats, dem mächtigsten Aufsichtsgremium der öffentlich-rechtlichen Anstalt, sind offiziell unabhängig und weisungsfrei - daran glaubt in Österreich aber niemand. Nicht umsonst hat der Verfassungsgerichtshof zuletzt entschieden, dass die Besetzung des Gremiums auch deshalb verfassungswidrig ist, weil die Bundesregierung zu viel Einfluss hat (DWDL.de berichtete). Bekannte ORF-Manager wurden zuletzt außerdem versetzt, weil ihre Chats mit Politikern öffentlich wurden und diese sie in keinem guten Licht dastehen ließen. 

Und jetzt hat es auch noch den obersten ORF-Vorturner getroffen. 

Philipp Jelinek präsentierte seit 2021 seine eigene Sendung in ORF 2: "Fit mit Philipp". In der Sendung, die zuvor Teil von "Guten Morgen Österreich" war, machte der heute 56-Jährige einfache Fitness-Übungen vor, die die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause nachmachen sollten. Mit der Zeit wurden Sendung und Moderator immer populärer: Die Quoten waren sehr gut und die Show wurde sogar mit dem Film- und Fernsehpreis Romy (Beste Lockdown-Format/Umsetzung) ausgezeichnet. 

Vor einigen Tagen kam dann das jähe Ende: Es wurden Chats öffentlich, die zeigten, wie sich Jelinek 2018 an den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache heranschmiss. Jelinek drängte sich mit Infos aus dem ORF geradezu auf und wollte dafür von den Rechtspopulisten in seiner ORF-Karriere gefördert werden. Strache sicherte Jelinek seine Unterstützung zu, bis an die Spitze der TV-Unterhaltung schaffte er es offenkundig dennoch nicht. 

Dann kam das Ibiza-Video, das nicht nur Strache stürzte, sondern auch die damalige ÖVP/FPÖ-Regierung. Und der fitte Philipp? Der hielt seinem Mentor auch danach noch die Treue: "Lieber Heinz, für mich bleibst Du der den ich kenne… ein leiwander Bursch", tippte er in sein Smartphone. Das, aber vor allem die Tatsache, dass Jelinek interne Infos an den FPÖ-Chef weitergab, führte schließlich zu seinem "einvernehmlichen" Aus. Und das bei einer Sendung, die durch und durch unpolitisch ist. Auch eine Entschuldigung Jelineks half nichts mehr. 

Einige Beobachter attestierten dem ORF, mit dem Schritt einen schweren Fehler zu machen. Sie argumentierten, Jelinek sei beliebt und die Sendung erfolgreich - und weil sie eben auch unpolitisch ist, sei es zweitrangig, was der Moderator mit Strache schrieb. Der in der Branche ausgezeichnet vernetzte Medienjournalist Harald Fidler schrieb davon, dass der ORF "entvölkert" wäre, würde das Unternehmen jeden Fall so konsequent ahnden. 

Die Alternative ist gut und erfolgreich

Vielleicht haben sich die anderen chattenden ORF-Vertreter nicht ganz so naiv angestellt und vielleicht ist Philipp Jelinek auch ein ziemlich leichtes Opfer der ORF-Führung, die damit Härte und Konsequenz zeigen will. Wenn damit nun ein Ende der noch immer in Teilen grassierenden Freunderlwirtschaft im ORF eingeleitet wird, ist der Schritt in jedem Fall zu begrüßen. 

Und inhaltlich zeigt sich, dass der ORF überhaupt nichts verloren hat - im Gegenteil. Mit "Fit mit den Stars" hat man im Handumdrehen ein Nachfolge-Format aus dem Hut gezaubert, hier sollen fortan wöchentlich wechselnde Promis die Vorturner für das Publikum geben. Zum Auftakt funktionierte das mit Profitänzerin Conny Kreuter so gut, dass der Sender einen Quotenrekord bejubeln konnte (DWDL.de berichtete). Auch an Tag zwei lag "Fit mit den Stars" noch weit über den Normalwerten von ORF 2. 

Es ist vielleicht auch eine schöne Erkenntnis: Wer in Sportkleidung ein paar leichte Fitness-Übungen macht, ist im Zweifel gar nicht so wichtig. Die von einigen wenigen befürchtete Fitness-Apokalypse im ORF ist nicht eingetreten. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können sich auch mit anderen Promis fit halten - und haben künftig etwas mehr Abwechslung bei ihren Fitness-Einheiten. Und so turnt in dieser Woche eine Profitänzerin durchs Programm und macht zum Aufwärmen einen "Achter" mit den Handgelenken - inklusive Richtungswechsel ("Da müssen wir vielleicht mal kurz nachdenken"). Es werden Kniebeugen gemacht und gleichzeitig müssen die Füße gehoben werden ("Gleichgewicht ist ganz ganz wichtig") und dann gibts neben Bizeps-Übungen ("Heute spielen wir ein bisschen Arnold Schwarzenegger) auch noch das Glücksrad: Tief einatmen, Arme nach oben und dann prasselt das Glück auf einen hinab. 

Das "Tele-Gym" lässt grüßen

Das klingt alles ein bisschen ulkig und es wäre einfach, sich darüber lustig zu machen. Aber der ORF begegnet damit seinen vorwiegend älteren Zuschauerinnen und Zuschauer auf Augenhöhe und macht ihnen ein ernstgemeintes Angebot, um fit zu bleiben. Und besser als Wiederholungen von abgestandenen Serien ist das von ORF und IP Media produzierte Programm allemal. 

Und falls Sie sich nun fragen: Wo ist die deutsche Alternative zu diesem TV-gewordenen Fitness-Programm? Das sogenannte "Tele-Gym" ist bereits seit 1991 im Programm des Bayerischen Fernsehens zu sehen. Seit einigen wenigen Jahren gibt’s zwar keine neuen Ausgaben mehr, auf diversen Sendeplätzen werden hier, und auch bei ARD-alpha, aber ältere Episoden regelmäßig wiederholt. Und wenn die Macherinnen und Macher auf ihrer Webseite schreiben, jährlich würden "etwa 145 Millionen Zuschauer aktiv" mitturnen und die "SZ" vor einigen Jahren notiert hat, bei der Produktionsfirma würde man davon ausgehen, dass es insgesamt über alle Jahre hinweg sogar schon 1,5 Milliarden Zuschauer gewesen sind, ist das ja auch irgendwie Fitness: Für die Lachmuskeln.