Uwe Seeler kann einem schon leid tun. Da sitzt die Fußball-Legende mit seinen fast 80 Jahren irgendwo im Nirgendwo in einem tristen Raum und muss belanglose Fragen von Reinhold Beckmann über sich ergehen lassen. Nebenan diskutiert Christoph Daum mit großen Augen zusammen mit Hans Meyer so hölzern über die schönste Nebensache der Welt, dass man als Zuschauer ernsthaft überlegt, dem Fußball ein für alle Mal abzuschwören. Und als sei all das nicht schon blöd genug, steht Tim Wiese sonnenbebrillt vor dem Eingangstor der legendären Sportschule in Malente, die als Schauplatz für dieses fragwürdige Bauerntheater zu später Stunde dient. Ganz zu schweigen vom ehemaligen St.-Pauli-Profi Nico Patschinski, der als "EM-Bestatter" sein Unwesen treibt.
"Beckmanns Sportschule" nennt sich dieses Experiment, das an jenen Abenden, an denen die ARD für die Übertragung der EM-Spiele zuständig ist, gewissermaßen den Schlussakkord setzen soll. Die Sendung steht damit also streng genommen in der Tradition von "Waldis Club", könnte sich davon aber kaum deutlicher unterscheiden. Hier der locker-flockige Stammtisch mit Weißbier, Brezn und Matze Knops Kaiser-Parodien, dort ein verkopftes Irgendwas, das vermutlich dem Feuilleton gefallen soll, letztlich aber allenfalls ungläubiges Staunen darüber verursacht, was da eine geschlagene Dreiviertelstunde mit absichtlich viel Patina über den Sender geht. Preiswürdig ist hier allenfalls das mehrfarbige Hemd, das Christoph Daum für seinen Auftritt ausgesucht hat.
Doch was ist das eigentlich, das man wahlweise - wie die wohlwollenden Kollegen von "11 Freunde" - als "postmoderne Avantgarde" oder - wie die nicht ganz so wohlwollenden Kollegen von "Spiegel Online" - als "lustlos und gänzlich ideenfrei Zusammengestopseltes" bewerten kann? "Beckmanns Sportschule" muss irgendetwas zwischen Fußball-Talk, Anarachie und grenzenlosem Schwachsinn sein, das sich die ARD für gleich vier Wochen hat aufschwatzen lassen. Dabei hat sich bislang gezeigt, dass das furchtbar angestrengt auf Vorgestern getrimmte Konzept für kaum mehr taugt als eine Mini-Rubrik im Sportblock des "Morgenmagazins".
"Thomas, du fragst dich sicherlich, was wir hier machen", sagte Reinhold Beckmann gleich in den ersten Minuten dieser verstörenden Sendung zu seinem Gast Thomas Berthold. Und wenn man ehrlich ist, dann wurde das auch in all den bislang ausgestrahlten Folgen noch nicht so recht klar. Mag sein, dass genau das die Absicht ist; dass Beckmann und seine Mitstreiter bewusst einen Gegenpol setzen wollten zu all der Vorhersehbarkeit, die man dem deutschen Fernsehen zurecht vorwerfen kann. Allein, es reicht nicht ansatzweise, um aus "Beckmanns Sportschule" eine gute Sendung zu machen.
Das Schlimme jedoch ist, dass man kaum umschalten kann, wenn man erst mal diesen Vorspann epischer Länge überstanden hat, in dem Beckmann, Wiese und Patschinski in Käfer, Protz-Sportauto und Leichenwagen in Richtung Malente rasen. Von da an nimmt das Unglück seinen Lauf. Da ist zu sehen, wie Beckmann über einen kleinen Fernseher mit Torwart Wiese kommuniziert (über einen kleinen Fernseher!) oder ihm im Bademantel vor der Sauna begegnet. Am vorigen Mittwoch inszenierte Wiese gar zusammen mit dem "EM-Bestatter" mitten in einem Wald die Beerdigung seines früheren Ichs, einem rosa Trikots tragenden "dünnen Hering". Quälend lange vier Minuten nimmt alleine diese surreale Szene in Anspruch.
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"Halt! Stop! Hört endlich auf damit", möchte man den Jungs aus "Beckmanns Sportschule" zurufen, die wahrscheinlich gerade schon über dem verstörenden Mumpitz brüten, den sie den Zuschauern beim nächsten Mal auftischen wollen. Vermutlich wird Herbergsvater Seeler dann Muskeltraining bei Tim Wiese nehmen oder Sportschüler Beckmann in Wieses weißem Bademantel als Geist von Malente durch die Gänge spuken. Noch besser aber wäre es, würde der dämliche EM-Bestatter seinem Namen endlich alle Ehre machen und nicht nur die Euro beerdigen, sondern dieses pseudo-lustige Stück Fernsehen gleich mit.