Was wir nicht schätzen, ist Aufregung. So hat der Polizeichef in der ersten Ausgabe des Franken- „Tatort“ seinen Anspruch formuliert, und natürlich kam alles anders. Wer Aufregung um jeden Preis vermeiden will, erzeugt eben just jene erst recht. Das war von Autor und Regisseur Max Färberböck fein inszeniert und wurde mit einer sehr stattlichen Quote belohnt.
Nun scheint es in dieser Folge genau andersherum zu funktionieren. Irgendjemand hat offenbar gesagt, dass dieser Krimi viel Aufregung braucht, und genau jene hat man dann vermieden.
Es sind gleich drei Fälle, mit denen es die Kommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) zu tun bekommen. Da ist einmal ein Wirt, der ganz offensichtlich seine Frau zu Tode gebracht hat und dann mit einem Gewehr in den Wald entschwunden ist. Parallel werden Unstimmigkeiten in der Uni-Anatomie von Würzburg festgestellt. Ein verwahrter Schädel passt ganz offensichtlich nicht zu dem Skelett, das ihm zugeordnet ist. Und dann ist da noch die Frau, die vor der Polizeistation campiert, weil niemand hören will, dass sie ihren Sohn vermisst.
Es geht um Menschen, die ihren Weg nicht gefunden haben oder auf der Suche gestrandet sind. Es geht um Einsamkeit und den Zwang, sich zurechtfinden zu müssen, wenn die Dinge sich verlaufen.
Es dauert eine gehörige Weile, bis man sich da als Zuschauer zurechtfindet. Lange ist unklar, welcher Fall denn nun der wichtigste ist und wie das eine mit dem anderen zusammenhängt. Ein bisschen fühlt sich das an wie aus dem richtigen Leben gegriffen, wo sich die Erkenntnisse eben auch nicht immer sofort in eine Wichtigkeitshierarchie fügen. Manchmal muss man halt mit Bruchstücken hantieren, muss sie drehen und wenden und dann schauen, ob und wie sie zusammenpassen.
Beate Langmaack hat das Buch geschrieben und Andreas Senn die Regie übernommen. So wie das fertige Produkt aussieht, wirkt es ein wenig, als habe man in erster Linie den Dingen ihren Lauf lassen wollen, um zu sehen, wohin sie driften, wenn man sie der Natur ihres Seins überlässt. Bei der Methode geschieht erst das eine, danach das andere, und wenn dann auch das dritte Teil seinen Platz gefunden hat, ist wieder das eine dran.
So etwas kann faszinierend Atmosphäre schaffen, es kann aber auch tödlich langweilig enden. Bei dieser „Tatort“-Ausgabe weiß man lange nicht so recht, welchem Gefühl man nun eher nachgeben soll. Immerhin darf man sich festhalten an fein komponierten Bildern, für die Kameramann Holly Fink verantwortlich zeichnet. Zudem muss Langeweile ja auch nicht immer Langeweile sein. Wenn man dem Projekt gut will, nennt man es einfach Bedacht.
Außerdem sind da ja noch Manzel und Hinrichs, die mit ihrer zurückhaltenden Art immer dann alles rausreißen, wenn der Handlungsablauf in Lethargie zu versumpfen droht. Auf besondere Weise retten sie diesen Film, der ganz offensichtlich sehr viel will, aber am Ende eben doch nur das Nötigste erreicht.
Es ist kein spannender „Tatort“, es ist noch nicht einmal ein sehr origineller. Es ist einfach nur ein „Tatort“, der sich dem Land anzupassen scheint. Vielleicht sind sie so, da unten in Franken. Ein bisschen verworren, eine Spur zu eigen, ein wenig kauzig. Es gibt Schlimmeres.