Als der Fremdenhass im sächsischen Freital in die Schlagzeilen geriet, wurden mir vermehrt fremdenfeindliche Postings in meine Facebook-Timeline gespült, weil Freunde und Bekannte von mir den in der Theorie ehrenhaften Dialog mit Menschen suchten, die auf einschlägigen Facebook-Seiten offen und ohne Scheu mit ihren Klarnamen tiefsitzenden Hass und sogar Gewaltaufrufe verbreiteten. Doch Diskussionen mit Menschen, die keine Fakten gelten lassen, sind schwierig.
Es wäre eine fahrlässige Untertreibung zu sagen, dass auf vielen kleinen, meist lokalen oder regionalen Facebook-Seiten, gegen Flüchtlinge protestiert wird. Die Titel der Seiten und ihre Postings verbreiten unmissverständlich den Virus, der sich Hass nennt. Viele dieser kleineren Facebook-Seiten, meist nur mit wenigen hundert oder einigen tausend „Likes“ bleiben aufgrund dieser vermeintlichen Belanglosigkeit lange unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung.
Gesprochen wird meist nur über die ebenfalls viel zu oft erschreckenden Kommentare auf den Facebook-Seiten großer Medienmarken. ARD Aktuell („Tagesschau“) oder Nachrichtenportale wie Spiegel Online kennen und thematisieren das Problem auch immer mal wieder. Mal nachrichtlich, mal als Kolumne (siehe Sascha Lobo in der vergangenen Woche). Gerade erst gestern gab es einen hervorragenden Kommentar von Anja Reschke in den „Tagesthemen“, der sich vorab schon in Windeseile im Netz verbreitete.
Doch während Hasskommentare auf den Facebook-Seiten großer Medien durch ebendiese mehr oder weniger kontrolliert werden, so kann sich der Virus auf extra dafür gegründeten Facebook-Seiten hemmungslos verbreiten. Zweifelsohne, teils offen auch so bekundet, hat der organisierte Hass in Freital andere fragwürdige Gemeinschaften ermutigt, sich ebenfalls über Facebook zu organisieren - einige davon als geschlossene Gruppen, deren Kommunikation von außen nicht einsehbar ist.
Viele jedoch als öffentliche Facebook-Seite. Was dort zu lesen ist, widerte und widert mich an. Trotzdem habe ich zunächst versucht, es Freunden und Bekannten gleich zu tun und auf den Irrsinn mancher Intelligenzallergiker manchmal emotional, manchmal sachlich zu reagieren. Doch ohne die Empörung der breiten Öffentlichkeit argumentiert man auf solchen kleinen Facebook-Seiten alleine mit hochmotiviertem, organisiertem Fremdenhass - eine aussichtslose Angelegenheit.
In der Theorie bietet Facebook nun die Möglichkeit, Beiträge, die gegen die ehrenwerten „Gemeinschaftsstandards“ verstoßen, zu melden. Will man einen Beitrag oder einen Kommentar melden, so klickt man sich durch ein scheinbar ausgeklügeltes System: Zunächst wird gefragt, ob der betreffende Beitrag einen selbst betrifft oder andere. Dann lässt sich die Natur des Beitrags einordnen, bevor Facebook meist drei Möglichkeiten vorschlägt: Den Beitrag ausblenden (eine relativ sinnfreie Option), den Verfasser kontaktieren oder eben Facebook diesen Beitrag melden.
Letzteres habe ich in den letzten Wochen mehrfach gemacht. Manchmal einige Minuten, manchmal einige Stunden oder auch einen Tag später bekommt man dann Rückmeldung der „Kundenbetreuung“. Das schockierende Ergebnis: Bis heute war jedes von mir gemeldete Posting, soweit ich das noch überblicken kann, mit den Gemeinschaftsstandards von Facebook vereinbar. Meinen Unmut über die Tatenlosigkeit des Social Networks habe ich vergangene Woche über meinen privaten Facebook-Account erstmals kundgetan. In kürzester Zeit erreichte das Posting mehrere tausend Menschen.