Man stelle sich folgendes Szenario vor: Zwei der größten Entertainer der vergangenen Jahrzehnte machen drei Stunden lang gemeinsame Sache. Ein Glücksfall, wie er nicht mehr allzu häufig im deutschen Fernsehen vorkommt. Beste Voraussetzungen also für einen unterhaltsamen Abend. Was sollte da schon schief gehen? Das wird man sich wohl auch bei RTL gedacht haben, als man seiner Teilzeitkraft Günther Jauch und dem seit dem ernüchternden "Supertalent"-Ausflug auf Einsatzzeiten wartenden Thomas Gottschalk anbot, nach all den Jahren mal wieder zusammen vor die Kamera zu treten. Zwei Publikumslieblinge vereint: Oh, wie ist das schön.
Schon die monumentale Musik, die sich deutlich von jener Plastik-Mucke unterschied, die RTL inzwischen lieblos vor die meisten seiner Fließbandshow presst, deutete darauf hin, dass da nun etwas Großes ins Haus stehen würde. Und plötzlich waren sie da: "Die 2" - so bekannt, dass man sie niemandem mehr vorstellen musste. Was RTL dann aber trotzdem tat. Verständlicherwise, schließlich ist es auch nach all den Jahren durchaus unterhaltsam, wenn Jauch und Gottschalk über die gute, alte Zeit sprechen. Darüber, wie das damals so war, als sie sich erst beim Radio und später im Fernsehen derart in Bestform quasselten, dass man das Gesendete Jahrzehnte später mit dem Gütesiegel "Kult" versehen würde.
In ihrer neuen RTL-Show, die am Montagabend Premiere feierte, blitzte hin und wieder genau davon etwas auf. Jauch und Gottschalk waren gut, keine Frage. Sie neckten sich, nahmen sich selbst nicht zu ernst - und brachten die Zuschauer mit Kindheitsfotos, netten Anekdoten und vielen Frotzeleien immer wieder zum Lachen. Beinahe wie ein altes Ehepaar wirkten die beiden. Kein Wunder, kennen sie sich doch schon seit weit mehr als dreißig Jahren. Jauch weiß, wie Gottschalk tickt - und umgekehrt. So gesehen konnte bei dieser Kombination eigentlich gar nichts schiefgehen. Erst recht nicht, weil mit Barbara Schöneberger auch noch eine der wenigen Fernsehfrauen moderierte, die es mühelos und charmant schafft, das schlagkräftige Duo in jenen Momenten zu zügeln, in denen es notwendig ist. Kurzum: Die Voraussetzungen für einen schönen Abend stimmten, an die Grundzutaten war gedacht.
Umso ärgerlicher, dass die Macher bei allem Bemühen, Thomas Gottschalk und Günther Jauch eine schöne Plattform zu geben, die Entwicklung eines guten Konzepts völlig aus den Augen verloren haben. Es fehlten schlichtweg sämtliche Gewürze, um die zahlreichen Stärken der beiden Show-Titanen herauszukitzeln. Stattdessen drehten sie sich fast den kompletten Abend im wahrsten Sinne des Wortes im Kreis. "Die 2" sollten gegen ganz Deutschland antreten - genau genommen gegen all jene Zuschauer, die bereit dazu waren, für einen Anruf 50 Cent zu bezahlen. In diversen Schätz- und Ratespielen durften die Anrufer über Minuten hinweg ihre Tipps abgeben. Dass Jauch und Gottschalk die Zwischenzeit für launige Geschichten aus dem Leben nutzten, war zwar nett, brachte die Show aber zu keinem Zeitpunkt wirklich weiter. Da zog es sich dann.
Ganz davon abgesehen, dass bis zum Ende nicht wirklich klar war, wieso die Zuschauer eigentlich überhaupt mitmachen sollten - abgesehen davon, dass sich RTL am Ende über einen netten Zuverdienst freuen konnte. Zusätzlich zu den Zuschauern vor dem Fernseher durfte auch das Publikum im Studio mitmachen. Und genau dabei hätte man es auch besser belassen. Dummerweise muss es allerdings irgendjemand für eine gute Idee gehalten haben, noch einmal Teile des Konzepts der zu Recht schon völlig vergessenen "Weisheit der Vielen"-Show vergangener Tage hervorzukramen. Warum die Fernsehzuschauer während der Werbepause besser einschätzen sollen, wie viel Pfand eine unbestimmte Anzahl an ins Studio gekarrten Flaschen einbringt, als Gottschalk, Jauch oder eine Kandidatin aus dem Publikum, blieb ebenso offen wie die Frage, warum eine zugeschaltete Anruferin selbst bei einer falschen Antwort noch 2.000 Euro einsackte.
Ohnehin wirkten die meisten Aktionsspiele entweder völlig belanglos oder schlichtweg nicht durchdacht. Das Ertasten von Autos bot kaum Spannung, eine Schalte zu Otto Waalkes geriet zur Pannenshow und ob man tatsächlich minutenlang darüber rätseln muss, wie schnell nun der Aufschlag von Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki ist, sei auch mal dahingestellt. Die Erinnerung an Günther Jauchs "Rätselflug" hingegen bot wirklich höchst unterhaltsame Momente: Jauch, in der Luft hängend, war hier genauso wie Kollege Gottschalk, der aus sicherer Distanz eine Frage nach der anderen beantwortete, in Höchstform. Zwei Stunden nach Beginn blitzte also auf, was man aus der Show hätte machen können, wenn man ein paar mehr Gedanken hinein gesteckt hätte.
Und dann war da auch noch das Finalspiel, das einer Kandidatin aus dem Publikum alleine durch das schon erwähnte Pfandgut-Schätzen beinahe um 100.000 Euro reicher gemacht hätte. Dass eine ahnungslose Anruferin um ein Haar die Hälfte davon ihr Eigen hätte nennen können, erschien kaum plausibler. Nicht auszudenken, wenn diese krude Situation den Schluss der Show bedeutet hätte. Am Ende entschieden dann aber ohnehin Günther Jauch und Thomas Gottschalk das Rennen für sich. Sie machten den kompletten Abend über das Beste aus diesem enttäuschenden Konzept, das den beiden einerseits zwar viel Freiraum für Erzählungen von früher bot, andererseits jedoch einen flüssigeren Spielablauf konsequent verhinderte. Kaum zu glauben, dass das die beste Idee gewesen sein soll, die man bei der Wiedervereinigung dieser Show-Größen aus dem Hut zaubern konnte.
Was also muss in den kommenden vier Wochen bis zur zweiten Ausgabe von "Die 2" geschehen? Schluss mit den elendig in die Länge gezogenen Anrufrunden, in denen sich Jauch und Gottschalk nicht mal mit der gestellten Frage beschäftigen dürfen, weil sie sonst das Publikum beeinflussen könnten. Dafür schnellere Runden, ähnlich unterhaltsame Spiele wie den "Rätselflug" - und vor allem mehr Interaktion mit den 500 Kandidaten im Studio. Dann nämlich können "Die 2" wirklich spontan reagieren und ihre Stärken ausspielen. So aber wirkte die Premiere allenfalls wie ein mittelmäßiger Pilot. Nichts, was den beiden auch nur im Ansatz gerecht geworden wäre.