Mit einer beeindruckenden Schlussfeier sind die Olympischen Sommerspiele am Sonntagabend in London zu Ende gegangen. Doch auch sonst boten die Spiele in den vergangenen zwei Wochen so manches Highlight - man denke nur an die sagenhaften Läufe von Superstar Usain Bolt, das dominierende Rennen des deutschen Ruder-Achters oder all die großen und kleinen Geschichten am Rande des Geschehens, für die an dieser Stelle gar nicht genug Platz ist. Ganz sicher aber lässt sich sagen, dass die Spiele Millionen von Zuschauern vor den Fernsehern begeistert haben.
Auch in Deutschland waren die Wettkämpfe mit teils mehr als zehn Millionen Zuschauern äußerst populär. Doch wie haben sich ARD und ZDF, die die Spiele neben Eurosport Tag für Tag in die Wohnzimmer transportierten, überhaupt geschlagen? Angesichts der immensen Live-Strecken bleibt festzuhalten: Die Sender haben gute Arbeit geleistet - alles andere wäre angesichts der zahlreichen Mitarbeiter vor Ort aber auch eine herbe Enttäuschung gewesen. In Erinnerung bleiben etwa die mitreißenden Kommentare von Norbert Galeske, der wie kein Zweiter jeden noch so unwichtigen Ruder-Wettbewerb zum Ereignis machte.
Oder Carsten Sostmeier: Auch wenn sich der Reitsport-Kommentar einmal gehörig vergallopierte - wie er selbst Laien die Faszination dieser Sportart näherbrachte, war zutiefst beeindruckend. Natürlich gab es auch Ärgernisse: Dass es ARD und ZDF nicht schafften, Live-Übertragungen von Aufzeichnungen im Bild zu unterscheiden, erscheint fast schon lächerlich. Bei der Eröffnungs- und Schlussfeier wären noch dazu weniger Kommentare ohne Zweifel mehr gewesen. Und auch die Übertragung des Halbfinalspiels der deutschen Beachvolleyball-Herren bleibt in negativer Erinnerung: Anstatt das Spiel live zu zeigen, wurde plötzlich weit nach Mitternacht ins Studio geschaltet, um den frisch gebackenen Gold-Gewinner Robert Harting zu interviewen.
Gute Prioritätensetzung sieht gewiss anders aus. Auch die royalen Geschichten eines Rolf Seelmann-Eggebert wird so mancher Sport-Fan - bei aller Wertschätzung - als unangebracht empfunden haben. Anstelle eines Wettkamps wurde sonntags plötzlich über die Baby-Pläne von William und Kate philosophiert. Nein, das musste nicht sein. Und doch war das, was ARD und ZDF gesendet haben, in der Regel saubere Arbeit. Freilich lässt sich kritisieren, dass der Fokus das eine oder andere mal ein wenig zu stark auf die deutschen Athleten ausgerichtet wurde. Nur: Interessieren wir uns in Wirklichkeit nicht zunächst tatsächlich für die eigenen Leistungen?
Den Schwerpunkt dahingehend zu setzen, ist daher ganz sicher nicht verkehrt - und vermutlich im Sinne der meisten Zuschauer. Wer das komplette Bild sehen wollte, konnte dies ja schließlich im Internet tun. Alleine das ZDF verzeichnete in seiner Mediathek mehr als zwei Millionen SIchtungen pro Tag. "Wir freuen uns, dass so viele Zuschauer diese neue Dimension des Fernsehens nutzen", sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey. NDR-Intendant Lutz Marmor erklärte, das Gesamtkonzept der Übertragungen sei aufgegangen. "Die Kombination aus 15 Stunden 'Olympia live'‘ an Sendetagen im Ersten plus 60 Stunden Livestreams täglich im Internet ist von den Zuschauern und Nutzern hervorragend angenommen worden."
Doch genau da begann das Problem dieser Spiele: Natürlich ist es toll, jederzeit im Internet auf die verschiedensten Übertragungen aus London zurückgreifen zu können. Sechs Livestreams, dazu Liveticker, Spielstände und umfangreiche Datenbanken haben ganz gewiss ihren Reiz und gerade im Büro wird so mancher Olympia-Fan mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hin und wieder darauf zurückgegriffen haben. Ein toller Service, keine Frage. Und doch wäre es schön gewesen, hätten ARD und ZDF ihre Digitalsender auch diesmal wieder zu Olympia-Kanälen umgebaut - jetzt erst recht, zumal nach der Abschaltung des analogen Satellitensignals vermutlich so viele Menschen wie nie zuvor den Weg zu diesen Sendern gefunden hätten.
Mit Blick auf die Kosten wurde darauf jedoch verzichtet. Schade - schließlich will man abends eben doch nicht unbedingt ständig auf dem Laptop zwischen den Livestreams im Netz hin- und herschalten, sondern die ohne Zweifel beeindruckenden Eindrücke der Olympischen Spiele auf einem großen Fernseher aufsaugen. Trotz aller berechtigten Online-Euphorie: Mit Blick auf die Digitalsender war Olympia in diesem Jahr im Vergleich zu Athen oder Peking in diesem Jahr ein ziemlicher Rückschritt. Und so ist es bei den Olympischen Spielen wie im wahren Leben: Die Mischung macht's. Eines bleibt jedoch festzuhalten: Schön war's trotzdem.