Kaum sind 13 Monate vergangen, schon hat das ZDF einen neuen Moderator für "Wetten, dass..?" aus dem Hut gezaubert. Markus Lanz wird ab Oktober die Nachfolge von Thomas Gottschalk antreten, als vierte Wahl. Die anfängliche Hoffnung des ZDF, Gottschalk würde nach dem schweren Unfall eines Wettkandidaten noch einige Jahre dranhängen, zerschlug sich bereits nach wenigen Wochen. Und mit Wunschkandidat Hape Kerkeling und Wegmoderierer Jörg Pilawa handelte sich der Sender in den vergangenen Monaten prominente Absagen ein.
Nun also Markus Lanz. Dass er eine wahre Mammutaufgabe vor sich haben wird, weiß er selbst wahrscheinlich am besten. "Ich habe neulich den schönen Satz gelesen: 'Wenn man als Berufswunsch Flutlicht angibt, muss man aufpassen, nicht als Glühwürmchen zu enden". Diese Gefahr besteht natürlich". sagte Lanz nach Bekanntwerden der heiß ersehnten Personalie und fügte hinzu: "Thomas hat da zweifellos Maßstäbe gesetzt und ist auch im Laufe der Zeit eine Einheit geworden."
Genau darin besteht die größte Herausforderung: Rund ein Vierteljahrhundert prägte Gottschalk wie kein Zweiter die Show - klar, dass sich Lanz dem Vergleich mit den ohne Zweifeln großen Fußstapfen seines Vorgängers stellen muss. Ob der Moderator, der nach seinem Abschied vom RTL-Boulevardmagazin "Explosiv" zuletzt vor allem als smarter Fragensteller am späten Abend in Erscheinung trat, der Aufgabe gewachsen sein wird, wird sich zeigen. Und doch ist es keinewegs so, dass Thomas Gottschalk der einzige Moderator weit und breit wäre, der die Fähigkeiten besitzt, durch eine Show wie "Wetten, dass..?" zu führen.
Begrüßung, Ansagen der Stars und Wetten, lockere und charmante Gespräche, nette Witzchen: Markus Lanz ist in der Lage dazu, exakt diese Mischung weiterzuführen, wenn auch auf seine ganz eigene Art. Das Problem liegt viel mehr woanders: Wer bisher "Wetten, dass..?" sah, schaltete meist "den Gottschalk" ein. Das erscheint angesichts der vielen Jahre, in denen er die Show präsentierte, alles andere als verwunderlich. Und doch ist es zugleich nicht zu leugnen, dass Gottschalks immense Strahlkraft in der Vergangenheit auch so manche konzeptionelle Schwäche überspielte.
Es waren Schwächen, die vor allem darauf zurückzuführen waren, dass sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte eine Routine einstellte, die es nur schwer möglich machte, Modernisierungen herbeizuführen. Künftig wird es jedenfalls nicht mehr ohne Weiteres möglich sein, einfach weiterzumachen wie bisher, weil Lanz weit davon entfernt ist, ein Gottschalk-Imitat zu sein und eben längst keine schillernde Persönlichkeit wie Thomas Gottschalk ist. Des Rätsels Lösung lässt sich daher auf einen Kernsatz verdichten: Ab sofort muss die Show der Star werden!
Dass sich Lanz nun an den Samstagabend wagt, birgt für das schon so oft totgesagte "Wetten, dass..?" nämlich auch viele Chancen, sofern sich das ZDF wirklich traut, das Konzept der Sendung von den starren Fesseln der zurückliegenden Jahre zu befreien. Ein Erfolgsschlüssel könnte darin liegen, die Stars stärker einzubinden - halbherzige Wetteinlösungen, wie sie in all den Jahren zuhauf vorkamen, müssen endlich der Vergangenheit angehören. Es liegt nun an der Redaktion, das Haus zu renovieren, "ohne diejenigen, die drin leben, zu verschrecken", bringt es Lanz auf den Punkt.
Viel Arbeit also, schließlich wirkte "Wetten, dass..?" in der Ära Gottschalk nicht selten ziemlich festgefahren. Die Überraschungen wurden seltener, die Abläufe blieben vorhersehbar. Erst wenn es gelingt, die Sendung wieder weniger vorhersehbar zu machen, hat Markus Lanz eine echte Chance. Eines ist aber schon jetzt sicher: Durch gute Vorbereitung wird der neue Samstagabend-Matador die Gespräche mit den prominenten Gästen aufwerten - der Talk gehörte schließlich nie zu Gottschalks Stärke, wie man derzeit nicht selten am ARD-Vorabend bestaunen kann.
So gesehen kann wenig schiefgehen, wenn Markus Lanz am 6. Oktober erstmals die größte Showbühne betreten wird, die das deutsche Fernsehen zu bieten hat. Letztlich wird aber natürlich das Publikum darüber entscheiden, ob "Wetten, dass..?" eine Zukunft haben wird oder nicht. Man kann nur hoffen, dass Lanz und das ZDF die Monate bis zur Premiere nutzen werden, um die dringend notwendigen Änderungen herbeizuführen. Nie war die Gelegenheit günstiger.