Der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron, der inzwischen bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" für die Digital-Produkte verantwortlich ist, hat sich auf dem Medienforum NRW besorgt über die Entwicklung der Medien gezeigt. Vor allem in Facebook und Apple sieht er eine Gefahr: Möglicherweise stehe man gerade am Beginn der "radikalsten Attacke auf die Medienwelt, wie wir sie kennen", sagte er in Köln. Bisher sei Facebook nur ein Interaktionskanal gewesen, doch "nun werden wir aufgefordert, zu einer verlängerten Werkbank von Facebook zu werden".
Mitte Mai war bekannt geworden, dass zunächst neun Medienhäuser eine Kooperation mit Facebook eingehen und in dem sozialen Netzwerk künftig nicht mehr nur Links veröffentlichen, sondern ganze Artikel, Fotogalerien und Videos - und zwar mitten im News Feed. Zum Start der so genannten "Instant Articles" sind mit "Bild" und "Spiegel Online" auch zwei deutsche Angebote mit dabei. Facbeook sei damit gleichzeitig ein Partner für die Medien, aber auch ein "sehr, sehr gefährlicher Gegner", mahnte Müller von Blumencron auf dem Medienforum NRW. "Soziale Plattformen kennen keine Redakteure, sie kennen nur Programmierer, sie kennen nur Algorithmen."
Facebook sei gelungen, wovon Verlage immer träumten: Das Netzwerk küsse seine Nutzer morgens wach und bringe sie abends ins Bett. 1,4 Milliarden Menschen hätten Facebook inzwischen zu einem zentralen Teil ihres Lebens gemacht - "mit einem Menschen an der Spitze", so der "FAZ"-Mann, der auf die damit einhergehenden Fragen noch keine rechten Antworten gefunden hat. "Sie sehen mich gewisserweise ratlos", gab er zu. Zugleich zeigte er sich davon überzeugt, dass der Weg nicht zurückführen wird: "Unsere Leser werden dort sein, bei den Teufeln."
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion, an der auch Mathias Müller von Blumencron teilnahm, ging es schließlich zur Sache - vor allem, weil Juliane Leopold, Gründungschefredakteurin von BuzzFeed Deutschland, immer wieder gegen die Verlage stichelte. Zwischenzeitlich sprang sie sogar den Öffentlich-Rechtlichen zur Seite, die bei der Diskussion leider fehlten. Leopold bezeichnete es als bizarr und verlogen, dass Verleger die Meinung vertreten, nur sie dürften im Netz agieren. Jörg Quoos, einst "Focus"-Chefredakteur und inzwischen bei Funke verantwortlich für den Aufbau der neuen Berliner Zentralredaktion verantwortlich, erwiderte, es gehe dabei stets um die Frage der Waffengleichheit.
Besorgt zeigten sich die Verlags-Vertreter auch mit Blick auf die Ankündigung von Apple, künftig im mobilen Safari-Browser das Blocken von Werbung zu erlauben. BuzzFeed-Chefredakteurin Juliane Leopold stichelte auch hier: Die Verlage müssten sich an die eigene Nase fassen. Sie warf ihnen vor, in den vergangenen fünf Jahren geschlafen zu haben, obwohl sich bereits die zunehmende mobile Nutzung abzeichnete. "Adblocker sind nicht das Ende des Journalismus", sagte sie auf dem Medienforum NRW und verwies auf die eigenen Erfahrungen mit Native Advertising, also der Platzierung von Inhalten, die dem Online-Angebot stark ähneln.
Auch Jörg Quoos schaltete zwischenzeitlich auf Angriff. "Wenn ich wissen will, wie Katzen in Strumpfhosen aussehen, gehe ich auf BuzzFeed", ätzte er. Juliane Leopold zeigte sich davon allerdings unbeeindruckt und kündige für die Zukunft Veränderungen im Angebot an. "Auch wir werden Nachrichten machen und unser Portfolio erweitern", sagte sie. "Wir freuen uns darauf, den gleichen Weg zu gehen wie in den USA." Dort hat sich das BuzzFeed-Angebot in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Inzwischen deckt das Portal längst nicht mehr nur Katzenvideos ab, sondern macht mit einem breiten Themenspektrum auch klassischen Zeitungsportalen Konkurrenz.