"Diese Arschlöcher nehmen sich raus, uns im Namen der Gebührenzahler zu zensieren. Das war für mich die Keimzelle des Faschismus." Das hat Serdar Somuncu Ende 2015 bei einer Podiumsdiskussion der Körber Stiftung gesagt, er kritisierte damit die offenbar gängige Praxis von TV-Sendern, seine Auftritte in diversen Sendungen stets zu schneiden, bis nichts mehr von den eigentlichen Aussagen übrig bleibt. Zuvor erwähnte er noch "Quatsch Comedy Club"-Erfinder Thomas Hermanns sowie eine WDR-Redakteurin. Eben diese WDR-Redakteurin hat nun ein Video der Podiumsdiskussion auf Youtube entdeckt und ist rechtlich gegen Somuncu vorgegangen.
Vom WDR erhielt die Redakteurin ausdrücklich Rückendeckung. "Wir unterstützen sie dabei, da wir nicht dulden, dass unsere Mitarbeiterin öffentlich als ‘Keimzelle des Faschismus’ oder ‘Arschloch’ bezeichnet wird", so der Sender in einer Pressemitteilung. Das entsprechende Youtube-Video der Körber Stiftung war am Montag zunächst offline, wurde dann aber wieder hochgeladen. In der neuen Version fehlen allerdings die strittigen Aussagen Somuncus.
Auf Nachfrage von DWDL.de heißt es von der Körber Stiftung: "Wir haben eine einzelne Passage entfernt, weil sich eine Person an uns gewandt hat, die ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sah. Sie bat uns, das Video vollständig zu löschen oder die kurze Passage zu entfernen." Dieser Bitte sei man nachgekommen. Der WDR habe keinen Druck auf die Stiftung ausgeübt, der Sender habe sich überhaupt nicht gemeldet. "Da wir den vielen weiteren klugen und richtigen Aussagen im Gespräch gern weiterhin eine Plattform geben wollen, haben wir uns entschieden, das Video um die strittige Passage zu beschneiden und wieder einzustellen."
Das Video wurde inzwischen mehr als 50.000 Mal aufgerufen, viele andere Videos der Stiftung erreichen auf Youtube gerade mal so eine dreistellige Abrufzahl. Inzwischen kursieren aber auch längst Videos, die auch die umstrittenen Äußerungen Somuncus beinhalten. Der Name der WDR-Redakteurin ist allen interessierten Beobachtern bekannt - vor dem Disput kannten wohl nur die wenigsten die Aussagen Somuncus. Bei der Körber Stiftung bezeichnet man Somuncu jedenfalls als einen "wortstarken Kabarettisten". Deswegen habe man ihn auch zu der Veranstaltung eingeladen. "Der Abend war für uns ein großer Erfolg." Deshalb habe man sich dazu entschieden, ein Video davon auf Youtube hochzuladen.
Serdar Somuncu legte am Dienstagabend via Facebook nach. Unter dem Hashtag "WDRdogan" warf er dem Sender vor, die Zitate sinnentstellend wiederzugeben. "Ich begrüße dennoch, dass die Verantwortlichen durch ihre empfindsame Reaktion, wenn auch nach beträchtlicher Bedenkzeit, eine Diskussion über Meinungs- und Satirefreiheit angestoßen haben." Darüber hinaus will sich Somuncu derzeit nicht äußern. Eine Interview-Anfrage von DWDL.de wurde von seiner Agentur abgelehnt, Somuncu wolle sich derzeit nicht weitergehend zu dem Fall äußern.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass ein Comedian dem WDR Zensur vorwirft. 2013 nahm der Sender einen Kirchen-Rap von Carolin Kebekus aus ihrer Sendung, dieser war den Verantwortlichen ganz offenbar zu heikel (DWDL.de berichtete). Im jetzigen Fall lässt der WDR wissen, dass es keine Zensur gäbe. Gegenüber dem "Tagesspiegel" sagt Sendersprecherin Ingrid Schmitz: "Im WDR gibt es keine Zensur. Genauso wenig wie in anderen Sendern oder Zeitungen unseres Landes. Es gibt redaktionelle Abnahmen nach unseren Programmgrundsätzen. Wer das als Zensur bezeichnet, setzt unsere Medienlandschaft mit derer totalitärer Staaten gleich."