Zwei Jahre strichen ins Land, bis Vollzug vermeldet werden konnte: "Eckpunkte 2.0" nennt sich eine Selbstverpflichtungserklärung von ARD und Produzentenallianz, die seit Jahresbeginn gültig ist. Mit einem Leistungsmodell sollen Anreize für Innovationen gesetzt werden, sagen die Beteiligen. Mehr als drei Millionen Euro werden auf diese Weise künftig an Produzenten vergeben. Wer sich über einen Bonus freuen will, muss zuvor allerdings eifrig Punkte sammeln. "Pro Genre erhalten die Produzenten der zehn Produktionen mit der jeweils höchsten Punktezahl eines Jahres aus einem zentralen 'Topf' einen zweckgebundenen Entwicklungsvertrag für ein neues Projekt für die ARD, der sich aus einer Prämie und einem finanziellen Beitrag zur Projektentwicklung zusammensetzt", heißt es im Umsetzungsleitfaden.
Interessant ist die Tatsache, dass auch Nominierungen und Auszeichnungen bei wichtigen TV-Preisen in das Punktesystem eingehen. Und an dieser Stelle wird es ganz besonders spannend, weil die ARD zusammen mit der Produzentenallianz in ihrem Eckpunkte-Papier ganz nebenbei den Wert der verschiedenen Auszeichnungen festgelegt hat. Im Detail bedeutet das: Der Deutsche Fernsehpreis besitzt einen höheren Wert als der Grimme-Preis, was man in Marl freilich nicht so gerne hören wird. Gewinnt ein Film oder eine Serie einen Grimme-Preis, so fließen 60.000 Punkte auf das Konto des jeweiligen Produzenten, beim Fernsehpreis gibt's hingegen gleich 80.000 Punkte. Die Produzentenallianz erklärt diesen durchaus erstaunlichen Umstand damit, dass beim Grimme-Preis die Produzenten weniger im Mittelpunkt stehen. Vielleicht liegt's aber auch ein Stück weit daran, dass die ARD zu den Fernsehpreis-Stiftern gehört.
Im Unterhaltungsbereich verhält es sich allerdings umgekehrt: Während hier für einen Fernsehpreis bloß 40.000 Punkte vergeben werden, sind beim Gewinn des Grimme-Preises 60.000 Punkte vorgesehen. Der Fernsehpreis hat gemäß der Eckdaten somit übrigens eine ähnliche Wertigkeit wie eine Auszeichnung mit dem Europäischen oder Deutschen Filmpreis: Auch hier gehen für jeden ausgezeichneten Film 80.000 Punkte aufs Produzenten-Konto. Besser gestellt sind dagegen Auszeichnungen bei den International Emmys, wo schon die Nominierung 50.000 Punkte verspricht. Im Falle eines Sieges dürfen sich die Produzenten hier über 90.000 Punkte freuen - genauso wie bei einer Auszeichnung mit dem Goldenen Bären auf der Berlinale. Und sollte es sogar mal für einen Oscar reichen, winken satte 100.000 Punkte.
Am unteren Ende der Skala befindet sich übrigens der Bayerische Fernsehpreis, der für Filme, Serien und Unterhaltungsformate jeweils nur 40.000 Punkte bedeutet. Damit liegt der Bayerische Fernsehpreis auf Augenhöhe mit dem Comedypreis - und noch hinter der einst so bedeutsamen Rose d'Or, die im Idealfall immerhin 50.000 Punkte einbringt. Interessantes Detail: Wird eine Schauspielerin oder ein Schauspieler geehrt, schnellt die Punktezahl mitunter noch einmal deutlich in die Höhe: Ganze 160.000 Punkte gibt's beim Europäischen Filmpreis, jeweils 180.000 Punkte für den Goldenen Bären und einen International Emmy - und sogar 320.000 Punkte bei einer Lola-Auszeichnung.
Bonus-Punkte für Produzenten laut Eckpunkte 2.0
Preis | Kategorie |
Punkte |
Lola |
Beste Hauptdarsteller/in |
320.000 |
International Emmy | Bester Hauptdarsteller/in |
180.000 |
Goldener Bär |
Beste Hauptdarsteller/in |
180.000 |
Deutscher Fernsehpreis |
Beste Hauptdarsteller/in (Film) |
160.000 |
Europäischer Filmpreis |
Beste Hauptdarsteller/in |
160.000 |
Oscar | Bester Film | 100.000 |
International Emmy |
Bester Film / Beste Serie |
90.000 |
Goldener Bär |
Bester Film / Beste Regie / Bestes Buch |
90.000 |
Deutscher Fernsehpreis |
Bester Film / Bestes Buch / Beste Serie / Beste Hauptdarsteller/in Serie |
80.000 |
Bayerischer Fernsehpreis |
Beste Hauptdarsteller/in Film |
80.000 |
Deutscher Comedypreis | Bester Hauptdarsteller/in | 80.000 |
Grimme-Preis |
Film / Serie (max. 12 Preise) |
60.000 |
Rose d'Or |
Bester Film / Beste Unterhaltung / Beste Serie |
50.000 |
Bayerischer Fernsehpreis |
Bester Film / Beste Unterhaltung / Beste Serie |
40.000 |
Deutscher Fernsehpreis | Beste Unterhaltung | 40.000 |
Deutscher Comedypreis | Bester Film / Beste Serie / Beste Unterhaltung | 40.000 |
Fernsehfilm Festival Baden-Baden | Bester Film | 40.000 |
Bernd-Burgemer-Preis | Bester Film | 40.000 |
Auswahl der punkterelevanten Festivalpreise / die komplette Liste finden Sie hier (S. 42-44)
"Dieser Leistungsanreiz entspricht in besonderer Weise dem Qualitätsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", betonte die ARD-Vorsitzende Karola Wille im Januar mit Blick auf die Fernsehpreise, die sich nun im wahrsten Sinne des Wortes für Produzenten auszeichnen können. Doch wird mit diesem System wirklich die Qualität gefördert, wenn es alleine für die Film- und Show-Ausstrahlung im Ersten mit anschließender Wiederholung 20.000 Punkte gibt. Wird ein Format in einem Dritten Programm gesendet, gehen 3.000 Punkte an die Produzenten und bei Einsfestival gibt's für beliebig häufige Ausstrahlungen immerhin noch 1.600 Punkte. Da liegt der Verdacht nahe, dass Produktionen, die auf den Massengeschmack zielen, durch eine Vielzahl an Wiederholungen unterm Strich viel mehr Punkte einsammeln als der vermeintlich anspruchsvollere Mittwochsfilm.
Bei der Produzentenallianz sieht man das anders. Auf Nachfrage heißt es, dass es gerade die komplexeren Stoffe sind, die häufig auf Filmfestivals ausgezeichnet werden. Sie könnten durch den Gewinn von Preisen den vermeintlichen Nachteil gegenüber leichteren Stoffen, die häufiger wiederholt werden, ausgleichen. Bei der diesjährigen Grimme-Preisverleihung half mit Blick auf die Fiktion aber auch das nur bedingt: Hier wurde mit "Weissensee" nur eine einzige ARD-Serie im Wettbewerb ausgezeichnet. 60.000 Punkte gehen damit auf das Konto von Zieglerfilm. Mit etwas Glück reicht das ja schon für den erhofften Bonus.