"Blond kickt gut" und "Die besten Beziehungstipps für fußballgeplagte Frauen": Wer die Titel von Jessica Kastrops Büchern hört, könnte vermuten, dass sie gerne mit den üblichen Klischees einer hübschen Fußball-Moderatorin spielt. Doch wer sie alleine darauf reduziert, tut der 41-Jährigen gewiss unrecht. Schritt für Schritt arbeitete sich Kastrop in den vergangenen Jahren bei Sky ganz nach vorne: 2. Liga, Bundesliga, Europa League – und nun auch Champions League. Am Mittwoch wird mit ihr erstmals hierzulande eine Frau die Berichterstattung rund um die Königsklasse moderieren. "Fußball ist für mich nie Alltag", sagt Kastrop im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. "Man weiß schließlich nie, was passieren wird, und hat immer das Gefühl, dass noch etwas Besonderes passieren kann. Das Gefühl verstärkt sich in der Champions League noch."
"Ein Stück weit stolz" sei sie darauf, nun in die Riege der Champions-League-Moderatoren des Bezahlsenders aufzusteigen. Kastrop sieht sich dadurch gewissermaßen als Türöffnerin. "Wenn man die erste ist, dann ist der Weg hoffentlich frei für viele andere, die noch folgen werden, um die große Lücke irgendwann zu schließen. Der Weg ist ja noch nicht zu Ende." Die Sorge, als "Quotenfrau" abgestempelt zu werden, hat die Moderatorin indes nicht. "Ich kämpfe keinen Kampf, sondern bin einfach froh darüber, meinen Job machen zu können. Ich kann ja nichts dafür, eine Frau zu sein. Deshalb mache mir auch keine Gedanken darüber, ob mich andere als Quotenfrau wahrnehmen", sagt sie und stichelt: "Wer das noch immer noch glaubt, sollte sich mal die Frage stellen, wer hier das Problem hat."
Abseits der Kamera macht sich Kastrop gegen Geschlechterdiskriminierung stark und spricht von einer "allgegenwärtigen Debatte", an deren Ende man derzeit aber "einfach nicht auf einen grünen Zweig" komme. "Wir müssen schauen, dass wir mit der Gleichstellung nach vorne kommen. Dass es noch Defizite gibt, sollte jedem klar sein. Ich halte nichts von Aussagen wie 'Männer und Frauen verstehen sich gut – da muss man doch nichts machen.'" Dass sie sich einmal als erfolgreiche Moderatorin einen Namen machen würde, hatte Kastrop aber dennoch nicht auf der Agenda, als sie einst ein Volontariat bei der "Rheinpfalz" absolvierte – und auch noch nicht, als sie später in der Sportredaktion der "Bild"-Zeitung arbeitete. "Dass ich zum Fernsehen kam, war ein ziemlicher Zufall", erzählt sie heute. "Ich wollte immer über Fußball berichten – das war mein Traum. Nicht mehr und nicht weniger."
Jessica Kastrop grenzt sich damit wohltuend ab von manchen Kollegen, deren oberstes Bestreben es ist, ihre Nasen in die Kamera zu halten. Sie sieht sich in erster Linie als Sportjournalistin und als solche vertritt sie dann auch eine klare Meinung zu Millionen-Transfers, die sie für "unbegreiflich" hält, oder zum Auskommen deutscher olympischer Spitzensportler, denen durchschnittlich nur etwas mehr als 600 Euro zur Verfügung stünden, wie sie weiß. Aus diesem Grund unterstützt sie auch die Deutsche Sportlotterie. "Der Solidaransatz, der dahiner steht, ist großartig", sagt sie. "Wir reden ja nicht davon, dass die reichen Profi-Fußballer noch reicher werden."
Dass sie von dieser Woche an zum erlauchten Kreis der Champions-League-Moderatoren zählt, liegt auch daran, dass Sky ihr Zeit gab, sich zu entwickelt. "Am Anfang war es Trial and Error. Da habe ich viel gewagt und oft verloren – aber manchmal eben auch gewonnen“, erinnert sich Jessica Kastrop. Gewonnen hat sie auch, als sie vor fünf Jahren am Spielfeldrand Opfer eines verunglückten Schusses des damaligen Stuttgarters Khalid Boulahrouz wurde. Ein Glückstreffer, könnte man rückblickend sagen. "Dieser Moment hat sicherlich geholfen, mich in Deutschland bekannter zu machen. Es haben sich durch die unverhoffte Aufmerksamkeit viele Türen geöffnet." Nachdem Stefan Raab den Ausschnitt mehrfach in seiner Sendung zeigte, machte er Kastrop schließlich zur Moderatorin seiner Poker-Sendungen "Sowas kann man einfach nicht planen", betont Kastrop und beschwichtigt, es keineswegs leid zu sein, auch heute noch auf diesen zunächst mal schmerzhaften Moment angesprochen zu werden.
Wenn man mit Jessica Kastrop über ihren Job spricht, blitzt immer wieder Dankbarkeit auf. Sie habe ihr Hobby zum Beruf gemacht und lebe ihren Traumjob, erzählt sie gleich mehrfach. Und dann erinnert sich die Moderatorin an jenen Tag, als sie erstmals für den Sky-Vorgänger Premiere aus dem Stadion des 1. FC Kaiserslautern berichten durfte; jenem Verein, für den ihr Herz auch heute noch schlägt. "Dieser Moment war der pure Wahnsinn! Als ich das Stadion betrat, hat sich für mich ganz persönlich ein Kreis geschlossen. Das zweite Mal, dass ich dieses Gefühl hatte, war erst vor wenigen Tagen als man mir sagte, dass mein langjähriger Chef Alfred Draxler zusammen mit Franz Beckenbauer in meiner ersten Champions-League-Sendung zu Gast sein würde." Es ist die pure Freude, die aus ihr spricht. Eines ist klar: Zu den fußballgeplagte Frauen zählt sich Jessica Kastrop gewiss nicht.