Rund sieben Jahre nach Apples Apple TV bringt Google mit Chromecast eine Erweiterung für Fernseher auf den Markt, die in erster Linie durch ihren Preis fasziniert: Für 35 Euro ist dieses Mini-Gerät seit heute zu bekommen. Was aussieht wie ein USB-Stick ist genau genommen ein HDMI-Stick, der somit bei fast allen Flachbildfernsehern nutzbar ist. Sie soll das Internet auf den Fernseher bringen, was seit einigen Jahren ein offenbar erstrebenswertes Ziel ist. Jeder Hersteller von Smart-TVs bietet inzwischen eigene Oberflächen zur App-Nutzung von VoD-Portalen oder Social Media-Diensten. Mögen die Möglichkeiten auch faszinierend sein, so setzt sich diese neue Nutzung des immer größeren Wohnzimmer-Fernsehers bislang nur sehr träge durch. Mit einem Kampfpreis von nur 35 Euro könnte Google das jetzt beschleunigen.



Der HDMI-Stick in den Fernseher gesteckt; per USB oder Netzteil muss das Ding noch mit Strom versorgt - und schon kann es losgehen. Gesteuert wird die Oberfläche von Google Chromecast via App für Smartphone oder Tablet. Auch iOS-Geräte sind geeignet. So lassen sich auf dem Fernseher YouTube-Clips schauen oder Musik bzw. Filme aus Googles eigenem Store abspielen. Zusätzlich gibt es zum Start in Deutschland die Online-Videotheken Maxdome und Watchever sowie den Online-Musikdienst Vevo und Red Bulls Servus TV. Akku-schonend und praktisch: Der Abruf von Videos bzw. generell Daten erfolgt über das kleine Gerät hinten am Fernseher - wird also nicht vom Mobilgerät auf den Fernseher gestreamt. Das ermöglicht parallel ungestörtes Nutzen des Smartphone oder Tablets.

Ist Google Chromecast eine Revolution? Sicher nicht. Technisch hinkt Google mit dem HDMI-Stick anderen Produkten - neben Apple TV auch den Smart TV-Portalen der Fernsehgerätehersteller - um Jahre hinterher. Angesichts des unglaublich günstigen Preises wird das für die angestrebte Zielgruppe jedoch nebensächlich sein. Wirklich schade ist nur, dass Google sich bei seinem TV-Stick beinahe genauso geschlossen gibt wie etwa Rivale Apple in seinem Öko-System. Ab Werk ist es bei Chromecast beispielsweise nicht möglich, Inhalte vom eigenen Smartphone oder Tablet auf den Fernseher zu streamen. Diese Einschränkung von Freiheiten ist ungewöhnlich für Google, wo für Chromecast vorerst gilt: Die Cloud ist der König. Bislang lässt sich das nur mit Kniffen umgehen.

Immerhin hat Google vor einigen Wochen - wenn auch damit lange nach dem US-Start von Google Chromecast - ein Entwicklerkit für den TV-Stick freigegeben, damit Entwickler ihre Apps Chromecast-kompatibel machen können. Damit dürfte mit Verzögerung die Auswahl der Smartphone- und Tablet-Apps steigen, die etwas mit dem TV-Stick am heimischen Fernseher anfangen können. Bis dahin fasziniert Google Chromecast durch seine Kleinstbauweise und den unschlagbaren Preis. Dafür erhält man ein nettes Spielzeug, welches jedoch genau wie auch Apples software-seitig schon etwas fortgeschritteneres Apple TV noch erwachsen werden muss. Dann steckt darin viel Potential. Schicker aussehen als Apple TV tut das Mini-Ding jetzt schon, weil es hinterm Fernseher gar nicht auffällt. Technik, die einfach funktioniert ohne sichtbar zu sein - das war sonst immer der Anspruch des verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs.

Eine Debatte wird Chromecast mit Sicherheit weiter befeuern: Wer hat die Hoheit über das Fernsehgerät? Bis heute gilt es noch als selbstverständlich, dass ein Fernseher beim Einschalten direkt einen der eingespeicherten Fernsehkanäle anzeigt. Das gefällt natürlich den linearen TV-Sendern, die sich an einen Wettbewerb auf dem heimischen Wohnzimmer-Gerät wohl erst noch gewöhnen müssen. Je nach Receiver-Box oder Fernsehhersteller bröckelt dieses Privileg der Fernsehsender. Sky etwa gibt Nutzern seiner Sky+-Box beim Start erst einmal Programmtipps - natürlich nur aus dem eigenen Angebot. Und erste Fernsehhersteller kündigen an, dass ihre Geräte beim Anschalten zunächst einen Startscreen zeigen werden, der neben dem linearen TV-Angebot gleichberechtigt auch VoD-Portale und andere Apps zur Auswahl stellt.

Mag das auch für manchen linearen Fernsehveranstalter ärgerlich sein, so ist der Trend zu immer neuen Angeboten auf dem heimischen Großbild-Fernseher für TV-Konsumenten wie Kreative wiederum ein doch sehr ermutigendes Signal. Es holt neue Inhalte, neue Darstellungsformen und vielleicht auch die junge Zielgruppe ein Stück weit wieder vor den großen Bildschirm. So praktisch der Zwischendurch-Konsum auf mobilen Geräten auch ist, so sehr verdient manch hervorragend gefilmte Serie, mancher spektakuläre YouTube-Clip oder ein Kino-Meisterwerk die große Bühne. Google Chromcast schafft das für 35 Euro.