In der vergangenen Saison war bei RTL vor allem von den rapide fallenden Marktanteilen die Rede, vom nahenden Ende des Lebenszyklus bei Aushängeschildern wie "DSDS" und völlig gefloppten Neustarts. Dabei muss man den Kölnern zugute halten, dass sie in den letzten Monaten gerade im Show-Bereich so viel experimentiert haben wie lange nicht - und dabei auch auf manch vielversprechendes Format gestoßen sind. Im Frühjahr schickte man annähernd im Wochentakt nicht weniger als drei neu entwickelte Show-Formate auf Sendung und traf zumindest mit "Unschlagbar!" mit Sonja Zietlow und Marco Schreyl voll ins Schwarze.

Das war erstaunlich klassische Unterhaltung: Ein Kandidat behauptet, etwas so gut zu können wie kein anderer. Um herauszufinden, ob er wirklich unschlagbar ist, reisen Zietlow und Schreyl durch Deutschland und die Welt, um ebenbürtige Herausforderer zu finden. Über 20 Prozent Marktanteil hat RTL damit erzielen können, 3,9 Millionen Zuschauer erreicht - ein toller Erfolg. Da kann man es verschmerzen, dass "Shooting Stars" und "Cash Crash" zum Auftakt eher mäßige Quoten holten - womöglich auch wegen der etwas unglücklichen Platzierung hinter "Wer wird Millionär".

Und RTL hat noch weitere Shows erfolgreich an den Start gebracht: Die lange angekündigte und immer wieder verschobene Pocher-Show "Alle auf den Kleinen" erzielte beim Auftakt Anfang des Jahres über 21 Prozent Marktanteil - ein Wert, der bei Folge 2 zwar nicht gehalten werden konnte, doch ordentlich waren die Quoten auch dann noch. Und mit "Take me out" gelang es, auch eine Datingshow erfolgreich an den Start zu bringen - natürlich getrieben von "DSDS" im Vorlauf, aber über 19 Prozent Marktanteil sind trotzdem ein guter Wert.

Ein weniger glückliches Händchen bewies RTL in diesem Jahr im Dokubereich. Hier floppte die große Mehrheit der Formate völlig. Eine rühmliche Ausnahme bildet dabei "Das Jenke-Experiment - Der macht das wirklich" mit im Schnitt 17,2 Prozent Marktanteil (14-49). Es hat sich gelohnt, Jenke von Wilmsdorff, der schon seit vielen Jahren Selbstversuche im Rahmen von "Extra" durchführt, eine eigene Show zu geben. Zu den Kuriositäten der Saison gehörte, dass im Mai sowohl RTL als auch Sat.1 mit nur einem Tag Unterschied eigene Stalker-Dokus auf Sendung schickten. Nach Anlauf-Schwierigkeiten lief dabei "Verfolgt - Stalkern auf der Spur" bei RTL gut, zufrieden sein kann aber auch Sat.1, das von "Stalker - Auf frischer Tat ertappt" aber erst eine Folge fertig hatte.

Apropos Sat.1 - das zweite große Sorgenkind aus Quotensicht in der vergangenen Saison. Dass die Lage derzeit so desolat aussieht, liegt dabei vor allem am Tagesprogramm. In der Primetime hat man nämlich durchaus auch erfolgreiche Neustars aufgetan. Allen voran ist hier "The Voice Kids" zu nennen. Während RTL mit "DSDS Kids" komplett gescheitert war, kam Sat.1 mit "The Voice Kids" auf im Schnitt fast 20 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe - und setzte sich regelmäßig sogar im Show-Duell gegen "Let's dance" durch. Auch mit "Got to dance" gelang nun im Juni - eigentlich nach der Saison, die wir betrachten - ein überraschend großer Erfolg. Mit "Homeland" gelang es zudem eine der gefeiertsten US-Serien erfolgreich nach Deutschland zu bringen - wenn auch noch etwas ängstlich nach 23 Uhr - was man ab der kommenden Staffel ändern wird. "Elementary" ergänzte medial weniger stark beachtet, aber mit ordentlichen Quoten das Serien-Lineup am Donnerstag.

Neue Fiction gab es bei ProSieben vor allem im Sitcom-Bereich. Zufrieden sein kann der Sender dabei fraglos mit "2 Broke Girls", das bislang im Schnitt rund 12,5 Prozent Marktanteil erzielte und sich - und das ist angesichts der Aufstellung von ProSieben nicht zu unterschätzen - derzeit bereits als problemlos wiederholbar erweist. Im Show-Bereich geriet "Elton zockt Live" zwar außer Rand und Band, weil die Show einfach kein Ende fand, mit 14,5 Prozent Marktanteil empfahl sie sich dennoch für eine Fortsetzung - dann vielleicht etwas besser geplant.

Beim ZDF hat sich Programmdirektor Norbert Himmler offenbar auf die Fahnen geschrieben, ein wenig auszumisten. Obwohl es bei den zahlreichen Serien keine Quotenprobleme gibt, wurde das Aus für etliche angekündigt, am Vorabend auch schon viel neues getestet - leider in der Regel wieder aus dem Krimi-Genre. Mit "Heldt" gelang hier ein Erfolg mit im Schnitt 3,9 Millionen Zuschauern. Eine zweite Staffel ist daher schon unterwegs. Das Erste bewies unterdessen, dass es doch Humor hat: Das "Frühstücksfernsehen" von und mit Olli Dittrich war das ausgefeilteste Stück TV-Parodie, das es in den letzten Jahren gab und wurde mit ordentlichen Quoten beim Gesamtpublikum und herausragenden 10,8 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen belohnt.

RTL II schaffte es, eine der größten Erfolgsgeschichte der letzten Jahre - nämlich die Etablierung von "Berlin - Tag & Nacht" - mit "Köln 50667" noch auszuweiten. Die Scripted-Reality-Soap feiert derzeit Rekordwert nach Rekordwert. Dass der Sender aber auch mit seriöseren Themen punkten kann, bewiesen die Dokus "Babys! Kleines Wunder - großes Glück", das gerade in der Wiederholung nochmal erstaunliche Marktanteile bis 9,5 Prozent holte, sowie "Transgender - Mein Weg in den richtigen Körper".

Vox gelang es, mit "Hilf mir doch", "Date my Style" und "4 Hochzeiten und eine Traumreise" weitere erfolgreiche Formate für den Nachmittag zu finden. Außerdem ging Vox das Problem an, dass man beim Publikum zuletzt vor allem auf die klassischen Krimiserien festgelegt war, und brachte "Grimm" erfolgreich mit einer neuen Farbe an den Start - allerdings mit nachlassender Tendenz. Ob die Serie dauerhaft funktioniert, muss sich also erst noch erweisen. kabel eins hielt sich mit Neustarts in der vergangenen Saison stark zurück. Aber das wird in den kommenden Monaten unter der neuen Senderchefin Katja Hofem anders - und dann gibt's in einem Jahr vielleicht auch hier mehr Positives zu berichten.

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