„So viel Auswahl an hochwertigen Serien gab es in den letzten 10 Jahren nicht“, jubelt ProSiebenSat.1-Chefeinkäufer Rüdiger Böss nach den diesjährigen LA Screenings. In Kalifornien wurden vergangene Woche den internationalen Programmeinkäufern und der Fachpresse die neuen Serien für die kommende US-TV-Saison präsentiert. Und was es dort zu sehen gab, das überzeugte. Auch Marcus Ammon, Filmchef bei Sky Deutschland, war sehr angetan: „Quantitativ war 2013 ein sogar sehr guter Jahrgang, ich kann mich an kein Jahr erinnern, in dem der Output an neuen Programmen so hoch war. Auch was das Production Value angeht, kann man sicherlich von einem tollen Jahr sprechen, die Drama-Piloten wurden durch die Bank mit einem Aufwand - und einem Budget - produziert, der staunen lässt.“



Rüdiger Böss© ProSiebenSat.1
Jetzt ist Masse noch nicht Klasse. Auch Ammon merkt an: „Schaut man auf die inhaltliche Qualität, so findet man sehr viel durchschnittliches bis gutes Mainstream-Produkt mit einigen wenigen herausragenden Ausnahmen.“ Doch das ist schon weitaus mehr als zuletzt. Auch ZDF-Spielfilmchefin Susanne Müller pflichtet dem bei: „2013 ist wieder einmal ein guter Jahrgang: Jedes Studio hatte mindestens zwei oder drei auffällige und vielversprechende Programme im Portfolio.“ Aber wohin geht die Reise? ProSiebenSat.1-Mann Böss (Foto): „Der Trend geht eindeutig Richtung serialized, High Concept, kürzeren Seasons und starker Comedy, was insbesondere für ProSieben gut ist. Crime Procedurals hingegen sind over.“ Letzteres ist schlecht für Konkurrent RTL - dort setzte man jahrelang sehr auf Krimiserien mit abgeschlossenen Handlungen pro Folge. Serien mit fortlaufender Handlungen, im englischen serialized genannt, galten hingegen bei deutschen Sendern in der Regel als Quotengift.



Die Sorge bzw. Gefahr könnte sich dank eines weiteren Trends mindern lassen: Selbst die großen US-Networks bestellen inzwischen Serien mit fortlaufender Handlung gerne in kürzeren Staffeln (z.B. „Under the Dome“ oder „Betrayal“), wie es die Cable-Sender seit einigen Jahren erfolgreich vormachen. „Wir müssen den Zuschauer in Deutschland daran gewöhnen, aber der große Vorteil ist, dass es deutlich mehr Abwechslung gibt. Bei den serialised Serien sind in der Regel die Plots besser, da nicht künstlich gestreckt“, erklärt Rüdiger Böss. Auch Spielfilmchefin Susanne Müller vom ZDF findet die Entwicklung gut: „So können andere, spannende, abgeschlossene Geschichten erzählt werden. Und: Es entlastet die einkaufenden Sender – wenn man sich auf „Life of series“ verpflichten muss, kann das manchmal schmerzhaft sein.“ Favoriten unter den in Los Angeles gezeigten Serien sind schnell ausgemacht. Zwei Serien stechen bei unserer Umfrage unter deutschen Teilnehmern der LA Screenings dabei ganz besonders hervor.

Susanne Müller© ZDF
Es sind auch nach DWDL.de-Urteil die beiden besten neuen Serien, die in der kommenden TV-Saison hoffentlich nicht nur in den USA auf Sendung gehen werden: „The Blacklist“ mit dem Comeback von James Spader („Boston Legal“) von Sony Pictures Television für NBC und „Hostages“ mit einer fabelhaften Toni Collette - produziert von Warner Bros. Television für CBS. Ärgerlicherweise werden ausgerechnet diese beiden thematisch auch noch ähnlichen Serien im Herbst gegeneinander laufen. Sowohl „The Blacklist“ als auch „Hostages“ erzählt im Wesentlichen vom Terror vor der eigenen Haustür. Während „The Blacklist“ auch dank James Spader mit mehr Humor und neben fortlaufender Handlung auch abgeschlossenen Fällen pro Folge daher kommt, erzählt „Hostages“ mit dramatischerer Umsetzung eine Geiselnahme voller unerwarteter Wendungen. „Extrem hochwertig produziert, fast im Kino-Look, mit tollem Cast“, attestiert Susanne Müller (Foto) sowohl „Hostages“ als auch „The Blacklist“. Aber es gibt noch mehr gute neue US-Serien über die sich die deutschen Einkäufer freuen.