Immer wieder gelingt es Martina Richter und ihren Kollegen von HMR International spannende Kongresstage auf die Beine zu stellen. So auch am Mittwoch zum Thema Serie. Am Ende stand zwar keine überraschende Erkenntnis, aber es gab eine Reihe interessanter Einblicke in die Werke von britischen und dänischen Kollegen - und am Ende eine bemerkenswerte Diskussionsrunde mit deutschen Fernsehmachern, die abschließend die Frage beantworten sollten, wie es denn um die deutsche Serie bestellt sei - jener Disziplin, die seit Jahren sehr gerne für tot erklärt wird und bei jeder neuen Erfolgsproduktion ein Comeback angedichtet bekommt. Bemerkenswert war die Unterhaltung auf dem Podium jedoch nicht wegen wegweisender Erkenntnisse. Da war das Publikum ohnehin schon im Vorfeld genügsam eingestellt. Als etwa Servus TV-Programmdirektor Klaus Bassiner irgendwann die Plattitüde von "Mehr Mut" vorbrachte, gab es spontanen Applaus. Manche Floskeln ziehen eben immer.
Nein bemerkenswert war sie zwar wegen Klaus Bassiner, aber auf ganz andere Art und Weise. Bis Sommer 2012 war er 18 Jahre lang verantwortlich für das Serienangebot des ZDF. Kein Jahr später hat er das bereits erfolgreich verdrängt. Bei der Podiumsdiskussion unter Leitung von "Hollywood Reporter"-Korrespondent Scott Roxborough fand Bassiner zwar durchaus die richtigen Worte und formulierte diese auch sehr deutlich. Doch sein Handeln in 18 Jahren ZDF steht in komplettem Widerspruch zu dem, was Bassiner jetzt beklagt. All diese "Copy & Paste-Serien" seien nichts anderes als ein "Armutszeugnis", so sein Urteil. Zu viele deutsche Serien würden inhaltlich nach gleichem Schema arbeiten. Sagte Bassiner und erwähnte sogar noch die "SOKO"-Serien im ZDF. Man staunte beim Zuhören nicht schlecht wie Bassiner, verantwortlich für die Vervielfältigung u.a. dieser Programmreihe, plötzlich über sein eigenes Werk spricht.
Das wurde auch WDR-Fiction-Chef Gebhard Henke zu bunt, der sich einmischte und vor den rund 150 Branchengästen erstaunt festhielt, dass Bassiner in weniger als einem Jahr ja eine "durchaus bemerkenswerte Distanz zum eigenen Handeln" aufgebaut habe. Doch Bassiner redete sich weiter regelrecht in Rage und formulierte dabei ja durchaus Wahrheiten: "Die deutsche Serie muss weg von der Industrialisierung, hin zur Manufaktur" etwa. Oder "Warum wollen die Macher nicht mehr Lust haben an der Arbeit? Warum wird nur noch kopiert?" Warum Bassiner jedoch nicht selber so gehandelt hat, wie er es jetzt energisch fordert, blieb leider aufgrund mangelnder Nachfrage unbeantwortet. Bassiner erinnerte sich lieber an verdiente Höhepunkte seines Wirkens in Mainz, etwa "KDD - Kriminaldauerdienst" oder die erfolgreichen Koproduktionen mit skandianavischen Partnern.
Zu Recht kritisiert er die ARD für den billigen Versuch mit den "Heiter bis tödlich"-Krimis das Erfolgsrezept des ZDF kopieren zu wollen. So wie auch das ZDF ja auf den Krimierfolg der ARD am Sonntagabend mit der Etablierung eines eigenen Krimiabends am Samstag reagiert habe. Schon wieder kritisiert Klaus Bassiner Klaus Bassiner. Ein seltsames Schauspiel. Mit Servus TV kann er sich übrigens auch eigenproduzierte Fiction vorstellen. 2014 könnte man mit der Entwicklung anfangen. In ähnlichem Stadium steckt auch Sky-Fiction-Chef Marcus Ammon. Ein leidenschaftlicher Fernsehmacher, der jedoch seit gefühlter Ewigkeit auf die Frage nach fiktionalen Eigenproduktionen aus dem Hause Sky nur Warteparolen ausgeben darf. Man sei in Gesprächen, man höre sich um, man sondiere. Vorerst will und muss Sky eben in die schwarzen Zahlen. Ammon und Bassiner haben hohe Wünsche und Forderungen an die deutsche Serie - doch können vorerst nichts dran ändern.