"Ich weiß, dass meine Mutter, meine Oma und mein Bruder in Theresienstadt waren, das weiß ich alles. Aber was da genau passiert ist, das haben sie mir nie vermittelt, das wollten sie mir auch nicht vermitteln." Es sind nachdenkliche Sätze, gesprochen von einem Mann, dem man das auf den ersten Blick eigentlich nicht zutrauen würde. Doch Hugo Egon Balder, einst bekannt geworden als Moderator der Nackedei-Show "Tutti Frutti", kann auch ernst sein. Für den WDR machte er sich wie zuvor schon Joey Kelly und Bernd Stelter auf die Suche nach seinen Vorfahren. An diesem Freitag feiert er seinen 63. Geburtstag - und an genau jenem Abend zeigt das WDR Fernsehen, wie Balder seinen jüdischen Wurzeln nachgeht.
"Als kleiner Junge hatte ich immer den Eindruck, wenn mein Vater oder mein Bruder vom Krieg erzählten, war das alles nur spaßig", erzählt er. Doch warum schwiegen seine Oma Johanna, sein Vater Egon, seine Mutter Gerda und seine Brüder Harry und Peter, wenn es um die Nazizeit ging? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die 45-minütige Dokumentation. Am Ende sind der Entertainer und die Zuschauer schlauer. Es sind private Einblicke, die die Reihe "Vorfahren gesucht" gewährt, denn der Film ist mehr als bloßes Blättern in vergilbten Fotoalben. Bewegend, wenn Balder den Judenstern seiner Mutter in den Händen hält und im einstigen Konzentrationslager Theresienstadt im tschechischen Terecin nach Antworten auf all seine offenen Fragen sucht.
Zeitweise lebten mehr als 58.000 Juden in Theresenstadt, wobei "leben" in diesem Zusammenhang vermutlich das falsche Wort ist. 60 Frauen mussten mit dem, was ihnen blieb, auf 50 Quadratmetern leben - und für die meisten Juden war das KZ gleichbedeutend mit dem Tod. 80 Prozent überlebten nicht, die Balders schon. Doch warum? "Das ist die Kernfrage für mich. Sonst wäre ich heute nicht hier", sagt Hugo Egon Balder. Und obwohl er selbst gar nicht allzu viel über die dramatischen Jahre weiß, die seine Vorfahren einst durchleben mussten, so fügen sich nach und nach viele einzelne Puzzleteile zu einem spannenden Gesamtbild zusammen - ein Bild, das auch viel über den Moderator verrät, der es sonst eigentlich vermeidet, über sich zu sprechen.
"Meine Mutter hatte sich eine gewisse Härte angeeignet, die sie mir auch vermittelt hat", erzählt er rückblickend. Verständlich, dass ihn das prägte. Heute sagt Balder: "Ich habe in meinem Leben viel über mich gelesen, was mir viel als Desinteresse und Arroganz ausgelegt wurde, das ist aber nicht richtig. Ich bin einfach pragmatisch, das habe ich von meiner Mutter. Die ist aber auch erst so geworden, nachdem sie das alles erlebt hat." Es ist wieder einer der Momente, in denen der sonst oft so laute Balder plötzlich ganz still wirkt. "Ich glaube nicht, dass sie früher so war, vor dem Krieg." Es ist jedoch nicht nur die Härte, die er vermittelt bekam. Dass Balders Vater selbst in der schlimmsten Zeit seinen Humor nicht verlor, prägte den heutigen TV-Star. Wahrscheinlich mehr, als er es vor seiner Spurensuche jemals dachte.