Auf der Suche nach Serien-Perlen aus dem europäischen Ausland haben wir in den vergangenen Wochen schon „Borgen“, „Broadchurch“ und „Die Brücke“ vorgestellt - Serien, die entweder schon in Deutschland zu sehen waren oder aber im Fall von „Broadchurch“ aus dem uns nicht ganz fremden britischen Fernsehen stammen. Doch für unsere Sommer-Reihe „Made in Europe“ haben wir im Vorfeld lange Trüffelschwein gespielt und sind - dank englischer Untertitel - auch in Fernsehmärkte eingetaucht, die bislang für ihre Serien noch nicht berühmt geworden sind.



Das belgische Fernsehen, ohnehin schon vor dem schwierigen Spagat zwischen niederländisch und französisch, ist bislang international nicht als Produzent herausragender Fernsehserien aufgefallen. „Clan“ hat das geändert. Die 10-teilige Serie über fünf Schwestern, einen verhassten Schwager und die Schwierigkeit den perfekten Mord zu begehen, wird vom US-Sender A+E für die USA adaptiert. Im vergangenen November wurde der Ritterschlag für die Produktion der Brüsseler Produktionsfirma Caviar bekannt.

„Clan“ kombiniert scheinbar unmögliche Genres in eine so absurde wie liebenswerte Geschichte: Der frühe Tod ihrer Eltern schweißte die fünf Goethals-Schwestern noch als Kinder eng zusammen. Die fünf Frauen sind auch viele Jahre später noch ein unzertrennlicher Clan - bis eine von ihnen blind vor Liebe ein Ekelpaket heiratet. Während Goedele verliebt und glücklich lebt, können die Schwestern Eva, Veerle, Birgit und Rebekka ihren taktlosen Schwager Jean-Claude auf den Tode nicht ausstehen. Und so schmieden sie am Silvesterabend 2011/2012 zunächst aus Sektlaune heraus einen Pakt: Ihren Schwager zu ermorden. Doch es wird mehr als eine Sektlaune.

Mit der Beerdigung von Jean-Claude beginnt die Pilotfolge der Serie. Es ist inzwischen November 2012. Die Zuschauer lernen den Clan kennen - und noch dazu zwei Versicherungsmakler, die Brüder Thomas und Mathias Dewitt. Ihr Versicherungsbüro steht durch die notwendige Auszahlung der Lebensversicherung des Verstorbenen vor der Insolvenz. Sie sehen nur eine Chance: Die offizielle Darstellung eines Unfalltodes anfechten. Wäre es doch bloß nur Selbstmord gewesen - oder Mord durch eine der Begünstigten. Statt offizieller Ermittlungen der Polizei übernehmen bei „Clan“ also windige Versicherungsvertreter die Aufklärungsarbeit für uns Zuschauer.

Mit zahlreichen Flashbacks erzählt die Serie sowohl die Ermittlungen der zwei windigen Versicherungsmakler nach der Beerdigung des Unsympathen als auch die Ereignisse, die zu dem teuflischen Pakt von vier Schwestern führte - dass ihre Schwestern hinter dem Tod des Ehemanns stecken, weiß Goedele natürlich nicht. In einer selten gesehenen Mischung aus erfrischender Familienserie, bitterböser Comedy und spannender Kriminalgeschichte erzählt „Clan“ in den weiteren Folgen von der Planung des Mordes, der jedoch immer und immer wieder misslingt. Das ist amüsant, aber nicht als Comedy gedacht.

Die Stärke der Serie aus den Federn von Malin-Sarah Gozin und Bert Van Dael liegt in ihrer realitätsnahen Erzählung. So unglaublich der möderische Pakt der Schwestern ist, so beschaulich und unaufgeregt ist die Welt in der die Charaktere leben. Belgische Kleinstädte sind halt unverdächtig, scherzt auch einer der Schwestern. Das lässt die Serie - sowohl in den Rückblicken auf die Planungen und Mordversuche wie auch die Schnüffeleien der Versicherungsmakler nach dem letztlich geglückten Mord - zu einer Familienserie werden, bei der aufgrund der Verschiedenheit der Schwestern für jeden Zuschauer eine Identifikationsfigur dabei ist.

Für die USA ist die herrlich verrückte Story ein gefundenes Fressen: Zwar spielt die Serie erkennbar in einem kleinen belgischen Ort, doch die Dramen spielen sich familienintern ab. Weil die Story zeitlos und räumlich nicht gebunden ist, erhofft sich A+E eine Übertragbarkeit für den amerikanischen Markt. „Clan“ ist eine böse Familienserie, wie sie auch deutschen Sendern gut zu Gesichte stehen würde, weil sie beweist, dass es nicht kostspielige Settings sind, die eine Serie ausmachen. Stilistisch ist „Clan“ abgesehen von der auffallend verspielteren Auftaktfolge eher Hausmannskost.

Umso bemerkenswerter ist es dann aber, dass man bei einer auf niederländisch gedrehten Serie, die man nur dank englischer Untertitel verfolgen kann, trotzdem die nächste Folge nicht erwarten kann. Bei Sony Entertainment Television wird die Serie demnächst auf deutsch zu sehen sein. Dann können mehr Menschen mitfiebern: Wie haben es vier unbedarfte Schwestern letztlich doch noch geschafft ihren Schwager zu töten? Und werden die beiden Versicherungsvertreter den Schwestern nachträglich auf die Schliche kommen? Noch bevor eine US-Serie mit diesem Titel startet, dreht sich bei „Clan“ alles am Ende alles um eine Frage: How to get away with murder?