Herr Specht, vor einigen Monaten hat Viacom eine Neuaufteilung seiner Sender in Europa vorgenommen. Wieso gehört Deutschland denn neuerdings zu Südeuropa?
Berlin ist die nördlichste Stadt Italiens, darum passt das eigentlich super zusammen. (lacht) Im Ernst: Wir nennen uns jetzt SWEMEA, also Southern and Western Europe, Middle East & Africa. So ist das Cluster zustande gekommen. Bei der Aufteilung stand vor allem das Modell der jeweiligen Sender im Mittelpunkt, also die Frage, ob es sich um Pay-TV oder werbefinanzierte Kanäle handelt. Die Zuordnung nach Südeuropa wirkt für den Außenstehenden auf den ersten Blick etwas willkürlich, macht von der inhaltlichen Ausrichtung her aber Sinn, weil die Aufgabenstellung in allen Ländern unseres Clusters ähnlich ist. Hinzu kommt, dass wir im Gegensatz zu früher sehr viel unabhängiger geworden sind.
Wie kommt's?
Früher wurden wir zentral gesteuert. Da hat dann, etwas übertrieben gesprochen, ein polnischer Programmplaner das Programm von Finnland bis Walonien gestaltet. Nun gibt es natürlich unfassbar emphatische Menschen, die sich in jede Kultur reinfuchsen können, aber für gewöhnlich unterscheiden sich die Märkte dann doch recht stark voneinander. Durch die neue Ausrichtung haben wir jetzt ein komplett lokales Team, das sich um Programmeinkauf, Scheduling und Marketing kümmert. Das macht es für uns wesentlich einfacher, als wenn man sich immer um drei Ecken abstimmen muss. Darauf haben wir lange gewartet.
Verwunderlich, dass man darauf nicht früher gekommen ist. Aber was bedeutet das für den Standort in Berlin, zumal der oberste Chef inzwischen in Madrid sitzt?
Natürlich sind die Zentralbereiche von Viacom nun nicht mehr gänzlich in Berlin, aber ich sehe darin keinen Nachteil. Mein neuer Chef ist ein Italiener, der in Spanien wohnt. Er kommt alle zwei Wochen vorbei und nimmt sich in den Tagen, in denen er in Berlin ist, viel Zeit für uns. Deutschland ist nach wie vor einer der wichtigsten Fernsehmärkte der Welt, daher hat er ein großes Interesse daran, unseren Viacom-Sendern zu neuem Glanz zu verhelfen. Das geht auch mal mit zusätzlichem Budget, wie im Fall der Serie "Gumball", die früher im Kika lief und jetzt zu uns gehört.
Was soll sich konkret für die Zuschauer ändern?
Wir haben zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder damit begonnen, auf jedem unserer Sender Eigenproduktionen zu zeigen. Das hatten wir leider in den vergangen Jahren nicht sehr häufig und ist jetzt wieder fester Bestandteil der neuen Strategie, verstärkt lokale Programme zu entwickeln.
Wenn eigenes Programm unerwünscht ist, muss einem Programmmacher doch das Herz bluten, oder?
Ja, klar. Ich verstehe den theoretischen Ansatz durchaus, für alle Märkte gemeinsam zu entwickeln und dadurch Produktionskosten zu senken. Und es ist ja nicht so, dass das nicht geht. Viele der weltweit erfolgreichsten Formate sind internationale Formate. Das funktioniert aber in Teilen eben auch nicht. In der Vergangenheit hatten wir dieses Entweder-Oder sehr viel stärker, jetzt heißt es Sowohl-als-auch. Das tut uns gut. All unsere Starts waren durch die Bank hinweg erfolgreich und lagen über dem jeweiligen Senderschnitt. Wir sehen in der Tendenz, dass das von unseren Zuschauern gut angenommen wird. Das ist für uns als deutsches Team extrem motivierend und zeigt uns, dass wir den richtigen Weg einschlagen.
"Wir wollen auf dem lokalen Markt ganz klar mehr machen."
Mark Specht
Bei Comedy Central begann alles mit einer Clipshow. Wie zufrieden sind Sie damit und was soll noch kommen?
"Netz-O-Rama" zeigen wir nun seit Ende August. Die Entwicklung der Show war ein langer Prozess, bei dem wir viele Hosts getestet haben. Es ist schwer jedermanns Humor zu treffen und mit Masud sind wir super-glücklich. Die ersten Ausstrahlungen, die wir oft gezeigt haben, haben sehr gut performt. Da wollen wir weitermachen und planen weitere Projekte mit Masud. Es kann gut sein, dass wir am Konzept noch einmal etwas verändern. Generell ist es schön, dass wir uns auf diese Weise wieder mit eigenen Sendergesichtern und dem Genre der Stand-up-Comedy beschäftigen können. Das ist ja etwas, mit dem wir in den USA schon lange erfolgreich sind, das aber in Deutschland in den zurückliegenden Jahren vernachlässigt wurde.
Lässt sich der Anteil benennen, den deutsche Produktionen im Programm von Comedy Central spielen werden?
Internationale Produktionen werden natürlich auch weiterhin den Hauptanteil ausmachen, da profitieren wir davon, dass wir ein so großes internationales Network sind, das sehr guten Content liefert. Aber wir wollen auf dem lokalen Markt ganz klar mehr machen und planen nun beispielsweise für den 9. Oktober ein 60-minütiges Stand-up-Special mit Masud.
Ist die "Daily Show" eigentlich eine Sendung, die den Sprung ins lineare Fernsehen schaffen kann?
Durch die Ausstrahlung im Originalton mit englischen Untertiteln ist es nicht einfach, die "Daily Show" im linearen Programm zu platzieren. Die breite Zuschauerschaft hat mit US-amerikanischen Formaten mit Untertiteln eher ein Problem. Das ist ein toller Programmstock, der international sehr erfolgreich ist, in Deutschland aber meist hinter den Erwartungen zurückblieb. Daher ist die Show meiner Ansicht nach bis jetzt im Internet am besten aufgehoben.