Frau Walthelm, warum ist die Zeit jetzt reif für den Start des Flaggschiff-Senders Sky1? Oder adaptiert Sky Deutschland einfach nur alles, was Sky in Großbritannien macht?
Es ist nicht unsere Strategie, Sky in allen Ländern identisch aufzustellen. Aber natürlich schaut man sich an, was die Sky Kollegen in den anderen Märkten bereits erfolgreich umsetzen. Dann gleicht man das mit den Gegebenheiten im deutschen und österreichischen Markt ab. Sky 1 fällt für uns in ein wichtiges Wachstumsfeld.
Wie sieht dieses Wachstumsfeld aus?
Wir wollen neben Sport und Fiction auch im Entertainment wachsen. Wir sind im Sportbereich mit exklusiven Live-Rechten und Sky Sport News HD sehr gut aufgestellt. Mit unserem Film-Angebot sind wir ebenfalls sehr lange im Markt und hervorragend etabliert. Als dritte Säule - Gary Davey (Walthelms Vorgänger und heutiger Programmchef von Sky in London, Anm. d. Red.) sprach stets von drei Beinen, die ein Hocker zum Stehen benötigt - sehen wir Entertainment. Hier haben wir schon seit langem ein attraktives Angebot von Partnersendern. Mit Sky Atlantic HD haben wir vor einigen Jahren unseren ersten Sky eigenen Seriensender gestartet, der vor allem hochwertige US Serien vorwiegend aus dem Hause HBO zeigt. Im November letzten Jahres haben wir das Entertainment-Angebot um ein umfassendes „Box Set“-Portfolio erweitert. Weitere Investitionen in den Bereich Entertainment sieht man an unseren hohen Ambitionen bei fiktionalen Eigenproduktionen und jetzt mit Sky 1.
Entertainment ist an sich noch ein sehr weit gefasster Begriff. Wofür steht Sky 1?
Was uns im Portfolio gefehlt hat, obwohl es dafür auch beim deutschen Publikum eine große Zielgruppe gibt, ist die frische und etwas leichtere Unterhaltung oder anders ausgedrückt: etwas mehr Mainstream und Lean-Back-Entertainment. Dazu gehört auch mal eine in sich abgeschlossene Serienepisode oder non-fiktionale Unterhaltung zur Zerstreuung nach einem stressigen Arbeitstag. Gerade weil wir inzwischen so viele, sehr komplexe Fernsehserien haben, die wir insbesondere auf Sky Atlantic HD zeigen, ist Sky 1 eine perfekte Ergänzung im Portfolio, um die Zuschauerinnen und Zuschauer zu begeistern, die spontan reinzappen. Das wäre - um ein Beispiel zu nennen - mitten in der sechsten Staffel von „Game of Thrones“ eher schwieriger (lacht).
Ist Sky 1 also der neue Einstieg in die Sky-Programmwelt?
Im Sport haben wir mit Sky Sport News HD einen Sender, der als Einstieg in unsere Sportwelt fungiert. Man wird dort als Zuschauer, der das Sky Programm startet, sofort angesprochen und abgeholt. Im Entertainment Bereich fehlte uns ein entsprechender Sender, der die erste Anlaufstelle sein kann. Das wird sich jetzt ändern.
Wenn ich zukünftig meine Sky+-Box einschalte, bekomme ich vermutlich standardmäßig Sky 1 als ersten Sender auf den Bildschirm?
Das ist sehr gut vorstellbar.
Bislang betonte Sky zum Beispiel bei der Auswahl der fiktionalen Eigenproduktionen stets, dass man den PayTV-Mehrwert erkennen können muss. Wo liegt der Mehrwert in „Masterchef“? Brauchen wir Sky für eine weitere Kochshow?
„Masterchef“ ist das weltweit erfolgreichste Koch-Casting-Format mit viel Emotion und menschlichen Dramen. Das wurde in Deutschland – verglichen mit anderen Ländern - bislang noch nicht so erfolgreich umgesetzt. Da braucht es ganz offenbar also Sky, um das zu ändern (lacht). Inspiriert hat uns auch der Erfolg in Italien bei Sky Uno, wo „Masterchef“ ein absolutes Phänomen ist und das erfolgreichste Koch-Format überhaupt. Grundsätzlich, das ist richtig, ist es immer einfacher, sich zu differenzieren, wenn man etwas für die Nische produziert - weil man dabei meist weniger Konkurrenz hat. Aber wir wollen generell gutes Fernsehen machen und uns dabei nicht länger nur auf Nischen beschränken. „Masterchef“, das Endemol Shine Germany in unserem Auftrag produziert, ist somit gleich zum Start von Sky 1 ein Signal, dass wir es ernst meinen.
"Wir suchen für Sky 1 Ideen, die eine breite Zielgruppe ansprechen, unterhaltend sind und uns die Gelegenheit geben, Sendergesichter aufzubauen"
Dürfen die großen Free-TV-Vollprogramme Sky 1 also als Angriff verstehen?
Das müssen andere beurteilen. Wir arbeiten tagtäglich daran, unseren Kunden das bestmögliche Programm zu bieten. Sky 1 ist hierbei ein weiterer wichtiger Schritt.
Nach welchen Genres bzw. Programmfarben suchen Sie denn im Produzentenmarkt derzeit?
Wir haben in den vergangenen Monaten bereits mit vielen Produzenten gesprochen und werden das auch weiterhin auf der persönlichen Ebene, daher will ich jetzt auch kein öffentliches Briefing geben. Um es aber mal ganz einfach zu beantworten: Wir suchen für Sky 1 Ideen, die eine breite Zielgruppe ansprechen, unterhaltend sind und uns die Gelegenheit geben, Sendergesichter aufzubauen. Die Genres können vielfältig sein.
Aber wäre Comedy zum Beispiel ein Genre für Sky 1?
Also: Es soll und darf spannend sein. Aber auch lustig. Oder auch emotional. Wir suchen nach großen Formaten wie „Masterchef“, aber wir nutzen auch den Spielraum von Pay-TV, um kleinere Ideen und Experimente umzusetzen. Wir sehen Sky 1 auch als mögliche Plattform für neue, junge Talente.
Können Sie etwas über das verfügbare Budget von Sky 1 sprechen?
Das wird Sie jetzt nicht überraschen: Wir reden nicht über Budgets. Aber wer die Kosten einer Produktion von „Masterchef“ kennt, der weiß: Wir setzen auf Qualität. Wir sind Sky und sind das Zuhause hochwertiger Serien, Filme sowie exklusivem Live-Sports wie der Bundesliga oder der UEFA Champions League. Die Analogie habe ich kürzlich beim Start von Sky Arts schon einmal bemüht: Auch hier sind wir nicht angetreten, um halbe Sachen zu machen - stattdessen übertragen wir zurzeit den „Ring des Nibelungen“ erstmals live von den Bayreuther Festspielen.
Okay, nochmal anders gefragt: „Masterchef“ wird zum Sendestart von Sky 1 aber nicht die einzige Eigenproduktion sein?
Nein, das wird nicht das einzige eigene Format in den ersten Monaten sein, mehr können wir noch nicht verraten. Natürlich wird sich das Programmportfolio erst entwickeln und die Zahl der Eigenproduktionen über die Monate und Jahre wachsen. Wir haben uns viel vorgenommen, deshalb freue ich mich umso mehr, dass wir mit Christian Asanger einen in der Branche sehr geschätzten Kollegen für unser Team gewinnen konnten.
Werden die beiden Serienprojekte von Sky Deutschland, also „Babylon Berlin“ und „Das Boot“, dann bei Sky 1 zuhause sein?
Wir überprüfen bei jeder Produktion zu welchem Sender diese am besten passt. Sky Atlantic ist der Sender für die etwas spitzeren und komplexeren Serien. Beispiele hierfür sind „Game of Thrones“ oder „House of Cards“. Durch unsere langfristigen paneuropäischen Vereinbarungen mit HBO und Showtime sind wir hier bestens aufgestellt. Hinzu kommen als neue eigene Marken unsere Sky Originals. Auf Sky 1 laufen frische neue Programme, die ihren Schwerpunkt auf ein unterhaltendes Element legen. Beispiele hierfür sind „Victoria“ und „Hooten & the Lady“.
Eine Behauptung: Hätte es Sky 1 vor einigen Jahren schon gegeben, wäre Harald Schmidt noch auf Sendung…
Zumindest würde die Show heute auf Sky 1 laufen, das ist richtig. Mit Sky 1 haben wir jetzt ab November die richtige Bühne für unterhaltende Showformate.
Wie wichtig wäre denn - neben den richtigen Formaten und Serien - ein prägender Kopf für Sky 1? Inwiefern sollte man z.B. mit Sky 1 rechnen, wenn es zum Beispiel um einen Poker um Jan Böhmermann geht?
Man sollte immer mit Sky rechnen (lacht). Ernsthaft: Wir finalisieren in den kommenden Wochen und Monaten unser Sky 1 Programmportfolio und in diesem Rahmen machen wir uns natürlich auch Gedanken darüber, welche Personen zu dem Sender passen. Wir sind zudem sehr gespannt, welche Dynamik die offizielle Ankündigung von Sky 1 noch entwickelt. Wir haben unsere Ideen, aber merken, dass es viele Vorschläge und Möglichkeiten gibt, die nun an uns herangetragen werden.
Frau Walthelm, herzlichen Dank für das Gespräch.