Sie haben mit dem „Hobbit“ drei Filme lang in Mittelerde gelebt. Nun ging‘s nach Cornwall, England. Ist es angenehmer, ohne Orcs und gemeine Elben im Nacken zu drehen?
(lacht) Ja, es war schön für „Poldark“ ins monsterfreie Vereinigte Königreich zu reisen und dort zu drehen. Die Landschaften um Cornwall sind einfach unfassbar. Egal wo du hinschaust siehst du grüne Wiesen und atemberaubende Hügel-Landschaften. Wenn man einen guten, englischen Sommer erwischt, kann man dort auch tolle Tage am Meer verbringen. Aber da braucht man Glück. In "Poldark" wird ja viel geritten, da hast du mit solch einer Landschaft einfach den Jackpot gezogen. Für den „Hobbit“ in Neuseeland zu drehen war nicht weniger schön, aber da ich Ire bin, war es auch ein bisschen wie nach Hause kommen.
Nachdem Sie als Zwerg ("Hobbit"), Vampir ("Being Human") und Werwolf ("The Mortal Instruments") aufgetreten sind, durfte es diesmal also ein ganz ordinärer Mensch sein?
Solche Rollen zu spielen macht schon außerordentlichen Spaß. Da kann man sich auf eine Art ausleben, die menschliche Charaktere nicht ermöglichen. Weniger Spaß macht das ewig lange rumsitzen in der Maske. Das war aber nicht der Grund dafür, warum ich jetzt diese "normale" Figur gewählt habe. Als Schauspieler möchte man beweisen, dass man möglichst variabel ist, was sein Können angeht. Sei es also eine historische oder eine übernatürliche Figur – ich will der Welt zeigen, dass ich es auf beide Art und Weisen kann.
Sie spielen Ross Poldark, welcher 3 Jahre, nachdem er in den Unabhängigkeitskrieg gezogen ist, überraschend in seine Heimat Cornwall zurückkehrt. Was passiert ab diesem Zeitpunkt mit Cornwall?
Der Zuschauer bekommt kein warmes Willkommen für Ross zu sehen. Das Cornwall, in das er zurückkehrt, ist nicht mehr das Cornwall, wie er es in Erinnerung hat. Sein Vater ist tot, die Mine, die im Familienbesitz liegt, ist komplett heruntergewirtschaftet und die Liebe seines Lebens Elizabeth ist jetzt mit seinem guten Freund und Cousin Francis verlobt. Das sind einige harte Schicksalsschläge für jemanden, der gerade aus dem Krieg kommt. Poldark ist aber nicht mehr der naive Junge, den die Einwohner von früher kennen, sondern ein von Erfahrungen geformter Mann. Das möchte er allen zeigen. Dass er eine ausgereifte soziale Gerechtigkeit in sich trägt, macht dieses Unterfangen nicht viel einfacher, da er sich durch bestimmte Aktionen auch den Adel auf den Hals hetzt.
Vor 40 Jahren wurde Poldark das erste Mal als Serie realisiert. Was sind, neben dem Look natürlich, die größten Veränderungen, die mit der Neuauflage erreicht wurden?
Die Poldark-Adaption von 1975 nimmt sich genauso wie unsere Serie Winston Grahams Romanvorlage zu Herzen. Wer also nur darauf aus ist, zu erfahren, um was es geht, kann natürlich auch die alte Serie schauen. „Poldark“ bekommt bei uns aber eine komplett neue Note. Ich für meinen Teil habe die alte Serie nicht gesehen und auch die insgesamt 12 Bücher nicht komplett gelesen. Das habe ich bewusst nicht getan, da ich mich nicht an Robert Ellis („Poldark“-Darsteller `75) orientieren wollte, um meine eigene Version von Poldark zu schaffen. Interessant ist, wie sehr sich die Produktionswege der beiden Adaptionen unterscheiden. Als Robert am Set war, habe ich ihn gefragt, was sich in den letzten 40 Jahren verändert hat. „Alles“, war seine Antwort. Er erzählte mir davon, dass es normal war, fünf Tage für eine Episode zu proben, um sie dann an einem kompletten Tag abzudrehen. Heutzutage gibt es das nicht mehr. An einem Drehtag arbeiten wir parallel an drei verschiedenen Episoden und probieren unterschiedliche Kameraeinstellungen. Alleine das sorgt schon für eine ganze andere Atmosphäre, die man in der fertigen Folge zu spüren bekommt.
Sie haben Robin Ellis am Set getroffen, weil er eine kleine Rolle übernimmt. Wie hat es sich angefühlt, neben dem Menschen zu spielen, der damals als Poldark gefeiert wurde?
Es hört sich klischeehaft an, aber es war eine wirklich besondere Sache mit ihm zu drehen. Wir hatten zum Beispiel eine Szene, in der ein junger Mann im Gericht angeklagt wurde und Ross alles dafür gegeben hat, dass er keine Gefängnisstrafe bekommt. Eine Gefängnisstrafe war in der damaligen Zeit mit einem Todesurteil gleichzusetzen, da es noch keine Hygiene-Standards und richtiges Essen gab. Robin spielt den Richter, den ich zu überzeugen versuche. Nachdem wir die Szene abgedreht haben, kam er zu mir, schlug mir auf die Schulter, gratulierte mir zu meinem Können und erzählte, dass es vielleicht 40 Jahre her ist, er den Moment aber immer noch vor dem inneren Auge sehen kann, in dem er an der genau gleichen Stelle stand und den identischen, emotionalen Dialog führte. Das hat sich surreal und gleichzeitig so überwältigend angefühlt.
Heute tragen Sie die Serie. Wie fühlt sich diese Situation im Rampenlicht an?
Kann sein, dass ich mit der Rolle ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekomme, kriege das ehrlich gesagt aber gar nicht so mit. Ich bin ein Schauspieler, der sich nicht gerne im Blitzlicht sonnt, sondern weiterarbeitet, an das nächste Projekt ran geht. Was sich gut anfühlt ist, dass ich mehr Angebote und Skripte zugeschickt bekomme. In diesem Job eine eigene Auswahl der zukünftigen Projekte treffen zu können, ist ein Luxus, für den ich sehr dankbar bin.
Hätte Ross Poldark nicht besser auch nach vorne geblickt und einen neuen Lebensabschnitt begonnen, als in seine Heimat zurück zu kehren?
Ich an seiner Stelle hätte wohl ein paar hundert Pfund eingesteckt und wäre nach London geflohen (lacht). Es war von Poldark vielleicht nicht die smarteste Entscheidung in Cornwall zu bleiben, aber doch eine der mutigsten. Er ist ein sehr sozial geleiteter Mann, der den Menschen helfen möchte und aus genau diesem Grund bleibt. Cornwall geht es zu dieser Zeit wirtschaftlich wirklich schlecht und Poldark weiß, dass wenn er nicht anpackt, es keiner tun wird. Das ist lobenswert, aber schlau? Wer weiß. Das Leben schreibt die verrücktesten Geschichten. Deswegen sollte man sich nie „was wäre wenn...“ fragen, sondern zu seinen Entscheidungen stehen. Genau das tut Poldark immer wieder.
Warum sind historische Serie wie „Poldark“ gerade in den vergangenen Jahren so schwer in Mode?
Heutzutage umgibt uns Technik und Fortschritt überall. Mit solchen Serien entflieht man mal kurz dieser Welt und bekommt eine zu sehen, die nicht den Alltag darstellt. Nach einem langen Arbeitstag kann das erfrischend sein. In meinen Augen ist es aber nicht nur das Setting, sondern vor allem die fesselnde Erzählung, die wir an den Tag legen. Wenn eine Geschichte gut erzählt wird, ist es beinahe egal, wo sie spielt.
Das Ende der 1. Staffel hinterlässt uns mit keiner optimistischen Mine. Wird man sich in den neuen Folgen auf ein düstereres Cornwall einstellen müssen?
Poldark hat wirklich keine tolle Zeit. Sein Kind wird krank und die Allianz bricht zusammen, so dass er Warleggans verkaufen muss. Zudem steht er für diverse Aktionen vor Gericht. Doch in Zeiten wie diesen wird einem bewusst, wie wichtig es ist, Freundschaften zu führen, zu lieben und die Familie um sich herum zu genießen. Ich würde also nicht sagen, dass die zweite Staffel düsterer als das Finale der letzten Folge wird, sondern emotionaler und was die Beziehungen der Personen angeht noch tief schürfender.
Danke für das nette Gespräch, Mr. Turner!
"Poldark" läuft ab sofort immer dienstags um 20:15 Uhr bei Sony Entertainment Television