Frau Quentell, neben Factual und Fiction setzt Sony jetzt wieder auf Shows…
…also so neu ist der Bereich nach 10 Jahren „NRW Duell“ jetzt aber auch nicht (lacht). Aber Sie haben Recht: Wir haben starke Teams für Fiction und Factual und arbeiten an der dritten Säule, Show. Das sind zunächst kleinere Produktionen, aber: Ich bin ziemlich optimistisch, dass wir zeitnah auf der großen Showbühne mitmischen werden.
Mit einem Lizenzformat oder Eigenentwicklung?
Eher hier im Haus entstanden. Ich glaube, dass es international gar nicht so viel Neues gibt, auf das man sich verlassen kann. Wir haben einige Sachen gesehen, die ganz gut liefen, aber keine bahnbrechenden Erfolge, wie es noch "Wer wird Millionär" war. Das führt aber merkwürdigerweise oft dazu, dass noch sehnsüchtiger ins Ausland geschaut wird nach sogenanntem proven success.
Zunächst einmal können wir reden über „Jeopardy“ und „Glücksrad“. Zwei neue alte Shows für RTLplus.
Richtig. Ich freue mich sehr über „Jeopardy“ und „Glücksrad“. Durch neue Sender ist das Experimentierfeld im deutschen Fernsehen wieder größer geworden, weil das Risiko bei den kleinen Beibooten geringer ist als beim Mutterschiff. Hier gibt es die Möglichkeit, solche Gewohnheitsprogramme auch in der nötigen Schlagzahl auszuprobieren. Gameshows leben von Sehgewohnheiten und die nötige Zeit, um diese zu entwickeln, bekommen Sie bei den großen Sendern bekanntlich nur noch selten.
Nur arbeiten die kleinen Sender natürlich mit extrem geringem Budget. Kommt da keine Spar-Version heraus?
Ich glaube, insbesondere wenn ich an "Jeopardy" oder "Glücksrad" denke, so sind das beides Formate, die so stark strukturiert und formatiert sind, dass sie nicht über die Optik leben. Beide Sendungen sind weltweit Kult, weil das Spielprinzip so reizvoll ist. Wir fahren bei den Sendungen vielleicht auf einem kleineren Ticket, das ändert aber nichts an der Kraft des Formats.
Also keine Sorge, dass man Erwartungen weckt, die am Ende nicht erfüllt werden können?
Der Zuschauer denkt doch anders. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren so manche Show mit großem Budget erlebt, die der große Hit werden sollte, aber inhaltlich nicht überzeugend war. Man muss wissen, wie man sich gut verkauft. Aber das fällt viel leichter, wenn man auch was Gutes zu verkaufen hat. Eine gute Formatidee muss der Kern sein. Bezogen auf "Glücksrad" und "Jeopardy": Ich denke, die Zuschauer werden im Herbst überrascht sein, wie schön das Wiedersehen mit ihren geliebten Gameshows ausfällt.
"Starke Formate können einen Moderator tragen, der dann die Chance hat, über die Strecke seinen Stempel aufzudrücken."
Sie waren einst selbst Producerin verschiedener Gameshows, heute Geschäftsführerin. Ist das für Sie persönlich ein Deja-Vu?
Deja-Vu ist gar kein Ausdruck! Ich habe wirklich größtmöglichen Spaß. Man kommt ans Set und sieht Menschen, die man schon über 20 Jahre kennt. Es hat auf jeden Fall etwas von nach Hause kommen. Ich habe mich schon bei der ersten Sendung dabei ertappt, wie ich die gleichen Emotionen wie damals entwickelt habe. Man sitzt da beim "Glücksrad" und schreit innerlich "Lös doch! Lös doch!" Ich hoffe, dass es dem Zuschauer am Ende auch so gehen wird.
Wie wichtig ist eigentlich noch der Moderator wenn die Stärke Ihrer Meinung nach beim Format liegt?
Starke Formate können einen Moderator tragen, der dann die Chance hat, über die Strecke seinen Stempel aufzudrücken. Ich freue mich sehr, dass wir Jan Hahn gewonnen haben. Er hat nach all den Jahren beim "Sat.1 Frühstücksfernsehen" gelernt, wie man auf Menschen zugeht und mit ihnen redet. Egal wo sie herkommen, wo sie hingehen. Und zwischen ihm und Isabell Edvardsson herrscht eine tolle Chemie. Ich freue mich auch auf Joachim Llambi, der wirklich eine tolle Wahl für "Jeopardy" ist. Ich glaube, dass man ihm zutraut, die Fragen selber beantworten zu können, was bei solch einem Quiz nicht ganz unwichtig ist. Dazu hat er genügend Klarheit und Strenge, um durch die Sendung zu führen.
Beim neuen "Glücksrad" gibt es keine Gewinnpaletten mehr. Warum?
Wir haben uns zusammen mit RTL entschieden, dass wir vorerst ganz klassisch um Geld spielen. Erstens, weil wir glauben, dass Geld noch einmal eine ganz andere Bedeutung als vor 20 Jahren hat. Dazu kommt, dass heutzutage die Preisbeschaffung etwas kniffliger als früher ist. Besonders wenn man dann auch die sehr kurzfristige Produktion berücksichtigt.
Bleiben wir kurz noch bei Retro-TV: Für Sat.1 Gold arbeiten Sie an einer Neuauflage des "Herzblatt"...
Ich weiß nicht einmal, ob wir "Herzblatt" sagen dürfen (lacht) zu dieser Show, die im Original "Dating Game" heißt. In der Tat reden wir derzeit mit Sat.1 Gold darüber, eine Neuauflage in Angriff zu nehmen. Mir gefällt das Format sehr, weil es bodenständig ist. Es verspricht den Kandidaten nicht die große Liebe sondern einen sympathischen Flirt. Es ist letztlich mehr Entertainment als Liebessuche.