"Die Liebe zum Selbermachen" steht im Mittelpunkt der neuen Vox-Show "Geschickt eingefädelt": Acht Hobby-Schneider wollen herausfinden, wer von ihnen die kreativsten Klamotten entwirft und die stärksten Nerven hat, wenn es darum geht, unter Zeitdruck unterschiedliche Wochenaufgaben zu lösen. Begleitet und bewertet werden sie von einer Fachjury aus Designer Guido Maria Kretschner, der Bundesvorsitzenden des Maßschneiderhandwerks, Inge Szoltysik-Sparrer, und Modeexpertin Anke Müller.

Die Idee stammt aus Großbritannien, wo "The Great British Sewing Bee" für die BBC zu einem großen Erfolg geworden ist. Vox glaubt, dass Nähen "keine britische Marotte" ist, sondern auch hierzulande wieder im Trend liegt: "Deutschland steckt im Handarbeitsfieber". Mit dem Start von "Geschickt eingefädelt" sind außerdem die Internationalen Wortspielfestspiele eröffnet: Vox zufolge darf nicht nur genäht, sondern auch "gestichelt" werden; Kandidaten sollen ihr Talent "nahtlos" beweisen; und zur Belohnung plaudert die Jury vielleicht "aus dem Nähkästchen". Dazu passt dann auch wieder der beim Aussprechen leicht verunglückbare Titel (der ja irgendwie auch eine Referenz an "RTL Samstag Nacht" ist).

Tower Productions, ein Joint-Venture von BBC und All3Media (DWDL.de berichtete), bringt die Show in leicht abgewandelter Form ins deutsche Fernsehen: Anders als im Original ist Kretschmer nicht Moderator, sondern eher Gastgeber und sorgt mit seinen Kommentaren dafür, dass es in der Sendung auch humorig zugeht. Wenn jemand einen falschen Stoff heraussucht, schaut er fassunglos zu und flüstert zu sich selbst: "Tu's nicht! Sie tut's doch." Misslungene Nähergebnisse kommentiert er mit den Worten: "Sieht aus wie ein Retroteil aus einer Region, in die man nie hinmöchte." Und im Zweifel hat er einen guten Tipp parat: "Zieh's bitte nicht an!" Seine beiden Kolleginnen stehen dem in nichts nach und verteilen schon während der Anfertigung freundlich-auffordernde Ratschläge: "Der Glitzer kommt weg, der ist dem Guido zu osteuropäisch!"

Geschickt eingefädelt

Mit DWDL.de hat sich Kretschmer darüber unterhalten, wie die Nähshow sich von ähnlichen TV-Wettbewerben abheben will, welche Verbindung er selbst zum Nähen hat und ob ihm die kleinen Lästereien am Rande verziehen werden.

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Herr Kretschmer, ich hab von Nähen soviel Ahnung wie von Atomphysik. Bin ich als Zuschauer ein hoffnungsloser Fall für "Geschickt eingefädelt"?

Guido Maria Kretschmer: Nein, wir machen ja einfach gute Unterhaltung! Ich würde sagen, es ist schon ein großes Vergnügen, dabei zuzusehen, wie die Kandidaten von Woche zu Woche etwas Neues schaffen. Die Sendung hat auch gar nicht diesen klassischen Wettbewerbscharakter oder das große Drama, das anderswo veranstaltet wird. Wer Lust hat, sich in eine neue Welt entführen zu lassen, die ihm bisher völlig unbekannt ist, wird daran genauso viel Spaß haben wie Zuschauer, die selbst nähen.

Die ersten Ausschnitte machen den Eindruck, als seien Witz und Gefühl wichtiger als ein knallharter Wettkampf.

Es geht aber nicht darum, aus der Show eine Comedy zu machen! Kann sein, dass ich das ein Stück weit mitgebracht habe, weil ich so bin, wie ich bin, und mir das Freude macht. Aber im Kern geht es darum, Menschen zusammenzubringen, die dieselbe Leidenschaft haben, aber ganz unterschiedliche Hintergründe. Im normalen Leben würden die sich vielleicht nie treffen. Wer ahnt denn, dass der Unternehmensberater in seiner Freizeit gerne Kostüme aus der Tudorzeit näht?

Undramatisch ist eher eine Ausnahme im Fernsehen, oder?

Genau das hat mich aber an der Show gereizt. Wenn bei uns mal einer weint, dann aus Rührung oder weil er kurz überfordert ist – aber nicht, weil er hochkant rausgeschmissen wurde. Es muss zwar jede Woche ein Kandidat gehen, aber deswegen ist nicht gleich sein Leben ruiniert.

Sie stehen ein paar Meter entfernt dabei, wenn die Kandidaten die Wochenaufgabe erledigen, und kommentieren live, nicht wie bei "Shopping Queen" im Splitscreen. Warum?

Ich hab mir ganz explizit gewünscht, mal nicht in der Greenbox zu sitzen, sondern direkt hinter der Glastür zu stehen. Da hab ich niemanden bei seiner Konzentration gestört, die Kandidaten konnten aber immer mal rüberschielen, um Rat fragen – und im Zweifel hab ich dann auch mal den Kopf geschüttelt, um Schlimmeres zu verhindern. Meine Funktion in der Sendung war auch ein Stück weit die der Florence Nightingale, die die Lampe hochhält und den Weg zeigt. Ich bin mit Mentoren groß geworden, Menschen, die mich unterstützt und ausgebildet haben. Das kann ich jetzt ein Stück weit zurückgeben.

Die Kandidaten kassieren aber auch mal einen ziemlich direkten Spruch von Ihnen und müssen das wegstecken können.

Alles, was ich sage, kann ich den Menschen jederzeit direkt ins Gesicht sagen. Ich lästere ja nicht, ich mag aber Situationskomik, und die Leute spüren glaube ich, dass ich ihnen einen Spiegel vorhalten kann, ohne sie dabei zu verletzen. Ich sag das, was andere denken. Wenn sich jemand einen Rock so hochnäht, dass er von hinten aussieht wie ein Schlittenhund, amüsier ich mich darüber. Ich nehme mich da selber auch nicht raus. Das ist keine Nummer, die ich spiele. Und letztlich machen solche kleinen Bemerkungen doch auch gute Unterhaltung aus.

"Niemand muss drei Meter hoch springen, um mich zu begeistern."

Guido Maria Kretschner

Es geht bei "Geschickt eingefädelt" explizit nicht darum, eine fertige Kollektion zu entwerfen, die es morgen im Internet zu kaufen gibt, sondern ums Nähen als Hobby?

Es geht vor allem darum, dem Publikum die Tür zu einer anderen Welt zu öffnen und es dabei sein zu lassen, wie sich die Kandidaten von Woche zu Woche weiterentwickeln. Da hat auch das Zusammenspiel mit meinen Kolleginnen, Inge Szoltysik-Starrer und Anke Müller, glaube ich ganz gut funktioniert, weil alle sehr genau wussten, wohin sie wollten.

Wieso wollen sich die Leute eigentlich ständig miteinander messen? Ein Hobby soll doch Entspannung sein, nicht Wettkampf.

Na, aber wer etwas genäht hat, ist doch automatisch neugierig auf die Blicke der anderen. Sie wollen doch auch den besten Artikel des Jahres schreiben!

Selbstverständlich!

Ich glaube: Sobald man etwas mit den eigenen Händen selbst anfertigt, ist man automatisch in einem Wettbewerb. Manche wollen unbedingt gewinnen; andere gewinnen, weil sie sich ausprobieren können. Es muss aber auch niemand verzweifeln, wenn er's nicht schafft, aus einem Herrenhemd eine Hose zu nähen.

Ihre Karriere als Designer hat auf einem Hippiemarkt auf Ibiza begonnen – ist das richtig?

Ja, das stimmt. Ich wollte nach dem Abi unbedingt nach Ibiza, bin dort hingezogen, hatte meine Nähmaschine dabei und wusste, damit krieg ich alles hin. Ich hab auf dem Markt verkauft, mit der Zeit immer mehr Kunden dazu gewonnen, und irgendwann ist eine Stewardess von ihrem Chef mal gefragt worden, wo sie immer ihre Klamotten her hat. Daraufhin bin ich nach Hamburg eingeladen worden und hab dort von einer Airline meinen ersten großen Auftrag bekommen: Uniformen entwerfen.

Das heißt: Karrieren können an den ungewöhnlichsten Orten beginnen, im Zweifel auch einer Nähsendung im Fernsehen?

Bei "Geschickt eingefädelt" waren auf jeden Fall ein, zwei Kandidaten dabei, bei denen ich mich freuen würde, wenn sie ihr Talent zum Beruf machen könnten. Ich bin da aber einfach sehr menschenaffin. Niemand muss drei Meter hoch springen, um mich zu begeistern. Mein Vater sagt manchmal im Scherz: 'Du könntest eine Sekte aufmachen.' Aber ich fühl mich im Fernsehen eigentlich ganz wohl.

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