Auch der Kreis Ihrer Partner auf Senderseite – und damit die Finanzierung – hat sich seit dem Start von "Crossing Lines" verändert.

Den größten Anteil an der Finanzierung trägt jetzt Tandem. Von Anfang an dabei sind Sat.1 in Deutschland und Sony Pictures Television Networks mit seinen internationalen AXN-Sendern. Die US-Rechte sowie einige weitere Märkte liegen bei Netflix.

In der ersten Staffel war NBC noch Ihr US-Partner, seither Netflix. Ist ein klassisches US-TV-Network für die Auswertung nicht mehr so wichtig?

Das kommt sehr auf die jeweilige Serie an. Wir haben für "Crossing Lines 3" viele Wechsel vor und hinter der Kamera vorgenommen. Deshalb haben wir entschieden, mit weiteren Gesprächen im US-Markt lieber bis zur Fertigstellung der Serie zu warten. Trotz der Zusammenarbeit mit Netflix haben wir die Option, die Broadcast-Rechte an einen US-Sender zu verkaufen.



Sie drehen in Prag, aber Frank Spotnitz sitzt mit dem Writers' Room in London. Hier am Set vermittelt sich der Eindruck, dass Sie die wahre Showrunnerin sind. Wie bringen Sie den komplizierten Prozess zum Laufen?

Der Idealzustand wäre, dass alle Bücher vor Drehbeginn fertig sind und dass für kurzfristige Änderungen ein oder zwei Autoren die ganze Zeit vor Ort am Set sind. Allerdings haben wir diesen Idealzustand bei internationalen Koproduktionen eher selten, was an den komplexen Zeitplänen und Drehs in verschiedenen Ländern liegt. Das ist auch der Grund, warum ich nicht an den Begriff "Showrunner" glaube – jedenfalls nicht, wenn er sich auf eine einzelne Person bezieht. Es gibt einfach keine einzelne Person, die für alles allein verantwortlich sein kann, schon gar nicht bei internationalen Koproduktionen. Für mich sind Showrunner die Personen, die eine Vision für die kreative Richtung und für deren Ausführung haben. In unserem konkreten Fall bei "Crossing Lines 3" sind das drei Personen: Frank Spotnitz und ich als Executive Producer sowie unser Producer Rick McCallum vom lokalen Prager Produktionspartner Film United.

Was hat sich für Sie und Ihre Arbeit verändert, seit Sie die Mehrheit an Ihrer Firma Tandem Productions an die Canal+-Tochter Studiocanal verkauft haben?

Studiocanal hat strategisch gekauft, um einen starken Produzenten im Portfolio zu haben. Und wir haben strategisch verkauft, weil wir verstärkt Serien produzieren wollten. Unsere erste gemeinsame Serie, "Crossing Lines", ist inzwischen in der dritten Staffel. Die zweite, "Spotless", läuft gerade bei Canal+ in Frankreich mit großartiger Resonanz und im Herbst als erste Dramaserie überhaupt beim US-amerikanischen Esquire Network. Und die dritte – eine Procedural-Crime-Serie mit dem Arbeitstitel "Sex, Lies and Handwriting" – ist auf dem besten Weg, noch dieses Jahr in Produktion zu gehen. Wir haben schon ABC in den USA und TF1 in Frankreich an Bord.

Crossing Lines 3© Tandem

Sie müssen sich nicht mehr selbst um den Vertrieb Ihrer Serien kümmern. Eine Erleichterung?

Auf jeden Fall. Studiocanal unterstützt uns in der Projektfinanzierung und übernimmt den kompletten Programmvertrieb für unsere Serien. Daher können wir uns bei Tandem nun ausschließlich auf Stoffentwickung und Produktion konzentrieren. Früher hätte ich mich nach Fertigstellung einer "Crossing Lines"-Staffel mehrere Monate um den Vertrieb gekümmert. Heute kann ich mich gleich aufs nächste Projekt stürzen. Während wir "Crossing Lines" drehen, schreiben wir gleichzeitig die Drehbücher für eine andere Serie, gehen mit noch einer weiteren im Sommer in Pre-Production und im Herbst in den Dreh. Wir haben die Rechte an zwei Romanen erworben. Unser Produktionsoutput hat sich in kürzester Zeit verdreifacht.

"Mit Bob Cochran, Co-Creator von '24', entwickeln wir eine Event-Serie rund um den Dritten Kreuzzug"

Rola Bauer über "Lionhearts: The Crusade"
 

Und auf welches Ihrer kommenden Projekte dürfen wir uns besonders freuen?

Zusammen mit Bob Cochran, Co-Creator von "24", entwickeln wir gerade "Lionhearts: The Crusade", eine Event-Serie rund um den Dritten Kreuzzug von 1189 mit den beiden Erzrivalen Richard Löwenherz und Sultan Saladin. Bob kenne ich seit den "Nibelungen" – er war damals in die Stoffentwicklung involviert. Doch dann rief er mich eines Tages an, um zu sagen, dass Fox seine Serie "24" bestellt hat, und um zu fragen, ob wir die "Nibelungen" nicht verschieben könnten, weil er bei "24" eh nur mit einer Staffel rechnete. Leider konnte ich damals nicht auf ihn warten – und wie wir heute wissen, hätte ich über zehn Jahre warten müssen. Aber wir sind immer in Verbindung geblieben, und jetzt klappt es endlich mit der Zusammenarbeit.

Frau Bauer, herzlichen Dank für das Gespräch.