Frau Ruff, wir müssen reden über „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“. Ihr Fazit: Was war das in diesem Jahr?
Einerseits sage ich, wir sind wahnsinnig froh, dass wir immer noch diese Zahlen hatten. Am Ende war es in der alten Zielgruppe ein Durchschnittsmarktanteil von 40,1 Prozent beziehungsweise 35,9 Prozent in der erweiterten Zielgruppe. Darüber können sich alle Beteiligten sehr freuen. Für mich war es spannend, weil ich die ersten acht Staffeln ja nur aus der Zuschauerperspektive wahrgenommen habe. Jetzt bin ich auf der Seite der Firma, die die Sendung produziert und bin natürlich auch nach Australien geflogen und habe die zweite Woche vor Ort verbracht. Was mich dort beeindruckt hat, ist das außerordentliche Engagement von zwei Senderbeauftragten, nämlich Markus Küttner und Kirsten Petersen, die mit einer unglaublichen Leidenschaft und Liebe an dieser Sendung arbeiten. Das ist etwas ganz Besonderes.
Sie sagten einerseits. Und andererseits?
Ich sag mal so: Ich habe so viele hervorragende Mitarbeiter unseres Hauses erlebt, die aus ihrer immensen Erfahrung heraus in der Lage waren, auch aus Wenig noch Gold zu machen.
Schön formuliert. Der Cast hat es Ihnen in diesem Jahr nicht einfach gemacht. Hat man da im Vorfeld Fehler gemacht?
Es war ein schwieriger Cast. Die Situation im Camp ist vorher nicht einzuschätzen. Man sitzt ja im Vorfeld oft zusammen mit dem Sender, um über den Cast zu beratschlagen und da gab es sicher andere Vorstellungen davon, wie zum Beispiel Aurelio oder Angelina sich dann im Camp verhalten würden. Der Dschungel kann überraschen - mal negativ, mal positiv. Wer kannte im vergangenen Jahr schon vorher Larissa Marolt?
"Das Dschungelcamp braucht eine freundliche Renovierung"
Sicher, die Prominenz der Kandidaten ist weniger ausschlaggebend als dass dann halt etwas passieren muss im Camp. Und da war in diesem Jahr eher wenig los.
Richtig, es muss im Camp was passieren. Das ist nur etwas, was man im Vorfeld nicht berechnen kann. Glauben Sie mir, dass wir alle in der Regie sehr geweint haben als klar war, dass Walter Freiwald ausscheiden muss. Das war schon sehr schade, weil er unfassbar geliefert hat. Der Rest des Schützenfestes vermittelte ja eher den Eindruck sie würden das als Detox- und Diätcamp betrachten. Das ist ja nun nicht Sinn der Sache. Vielleicht muss man auch sagen: Die Sendung läuft jetzt bei uns schon seit neun Staffeln, in Großbritannien sogar seit 14. Die Kandidaten werden immer professioneller, studieren vor dem Einzug die vergangenen Staffeln. Da ist die Frage, ob und wie wir dem entgegenwirken können. Das ist ein Thema, das wir ernst nehmen müssen.
Mit welcher Konsequenz?
Es ist heute zu früh, um das zu beantworten. Das Dschungelcamp braucht eine freundliche Renovierung und als konkrete Lehre nehmen wir mit, sich das Format über die kommenden Wochen und Monate genau anzuschauen und mit RTL sehr intensive Gespräche für die nächste Staffel zu führen.
Es gab während der Staffel die Spekulation der „Bild“, dass RTL an einem Dschungel-Format im Sommer arbeite. Steckt ITV Studios Germany dahinter?
Ich glaube, dass RTL wie alle anderen Sender sich Jahr für Jahr Gedanken macht um eine Sommerprogrammierung und da werden bestimmt viele Ideen diskutiert, sicherlich auch welche von uns.
Geschickt ausgewichen. Kommen wir vom späten Abend zum frühen Abend, vom Privatsender zu den Öffentlich-Rechtlichen: Wie zufrieden sind Sie mit dem „Quizduell“ im Ersten? Kommt das Format nicht jetzt zu spät?
Also, das Wichtigste vorweg: Die Technik läuft jetzt rund. Da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und aus der ersten Staffel im letzten Jahr gelernt, wobei die Pannenhaftigkeit ja in einer Hinsicht unfassbar komisch war. Da muss ich noch einmal sagen: Hut ab, Jörg Pilawa. Es braucht einen so professionellen Moderator wie ihn, aus dieser Situation damals ein eigenes Fernseh-Highlight werden zu lassen. Apps haben eine gewisse Halbwertszeit und es gibt immer die nächste neue App, die der nächste heiße Scheiß ist. Vor einem Jahr war Quizduell neu, heute ist es etabliert, aber es spielen immer noch viele Menschen dieses Spiel. Tatsache ist, dass wir neben der App-Integration für die jetzige Form des „Quizduell“ eine klare Maßgabe formuliert haben: Die Quizshow muss auch für sich alleine stehend funktionieren. Wir dürfen nicht auf das Gimmick oder AddOn der App allein setzen. Das ist uns gut gelungen. Wer sich für Quiz interessiert, dem wird „Quizduell“ gefallen.
"Gameshows? Wir haben da einen akuten Mangel im deutschen Fernsehen"
Was manchmal untergeht, wenn über den Quiz-Onkel Pilawa oder das Genre geunkt wird: Es ist tatsächlich die einzige tägliche Gameshow im deutschen Fernsehen.
Ja, ich bin da persönlich sehr bei Andreas Gerling, dem Abteilungsleiter Show, Musik & Quiz des NDR, der ein ausgewiesener Quiz-Freund ist. Wir haben da einen akuten Mangel im deutschen Fernsehen, an dem wir arbeiten müssen. Es ist ja nichts mehr übrig geblieben von all den schönen Formaten, die ich noch aus den 90er Jahren kenne und die international immer noch gut funktionieren.
Bleibt das „Quizduell“ so gesehen ein Exot im deutschen Fernsehen?
Nein, ich sage ja immer - und bin lange genug im Geschäft um mit Fug und Recht auch sagen zu können, dass das stimmt: Es gibt Wellenbewegungen im Fernsehen und irgendwann kommt auch diese Farbe wieder in die Daytime zurück, genauso wie ich daran glaube, dass wir wieder eine Welle neuer Sitcoms im deutschen Fernsehen erleben werden. Wenn wir in die dritten Programme schauen, dann sehen wir dort ja einige schöne Formate, etwa unser „Gefragt - Gejagt“ mit Alexander Bommes im NDR. Die „Dalli, Dalli“-Neuauflage ist auch sehr gelungen. Oder das „NRW-Duell“, ein Sony-Format, das beim WDR genauso ein Dauerbrenner ist wie „Wer wird Millionär“ bei RTL. Das sind keine täglichen Formate, aber sie zeigen das Interesse an diesem Genre.
An Kochshows hingegen mangelt es nicht im deutschen Fernsehen. Mit „Game of Chefs“ will ITV ab Dienstag auch noch einmal mitmischen. Was hebt die Show bei Vox denn von anderen ab?
Bei „Game of Chefs“ wird auf einem noch nie da gewesenen Level gekocht. Wir haben mit Christian Jürgens, Holger Bodendorf und Christian Lohse drei Köche mit sechs Michelin-Sternen, von denen jeder Spitze ist in seinem Bereich. Die kochen zusammen mit den Kandidaten auf einem Level, dass es einem die Schuhe auszieht. Das wird verwoben mit den persönlichen Geschichten der Kandidaten, die wir über die zwölf Folgen begleiten. Das hat eine hohe Emotionalität.
Ein bisschen erinnert das Format mit der Blindverkostung an „The Taste“
Nun, dazu muss man wissen: „Game of Chefs“ ist parallel zu „The Taste“ entstanden, in einem Lab von ITV und Reshet. Das Format hatte den Ursprungstitel „The Taste of Israel“. Wir widmen uns viel detailverliebter dem Kochvorgang selbst und dem intensiven Coaching durch die drei Chefs.
Wir müssen in diesem Gespräch auch über das vergangene Jahr sprechen. Da hat ITV Studios Germany nicht gerade unwichtige Formate wie „Let’s dance“, „Bachelor“ und „Bachelorette“ verloren durch den Weggang von Führungskräften zu neuen Wettbewerbern. Das ging erstaunlich geräuschlos von statten…
Das war mein Wunsch. Diese Angelegenheit galt es gut zu regeln. Wir wollten keine Aufregung. Es waren ja auch keine originären ITV-Formate.