Herr Carpendale, nach Ihrem Moderationsdebüt bei "Deal or no Deal" haben Sie viel Lob bekommen, oftmals mit dem Unterton "Wow, das hätten wir dem gar nicht zugetraut". Ist es manchmal gut, unterschätzt zu werden?
Ich wurde eigentlich fast immer unterschätzt von den Medien. Auch beim "Landarzt" konnte ich anfangs als Underdog punkten. Damals haben mir nur wenige zugetraut, eine solche Serie übernehmen zu können. Und dann hatten wir mit dem Pilotfilm fast acht Millionen Zuschauer. Auch jetzt denken viele: Ob der Carpendale "Nur die Liebe zählt" halb so gut machen wird wie Kai Pflaume? Das ist im Grunde eine ganz komfortable Position. Ich freue mich, wenn ich noch ein paar Jahre unterschätzt werde. Dann ist es leichter, die Menschen positiv zu überraschen.
Sind drei Sat.1-Shows, die Sie jetzt moderieren, das Ergebnis ausgefeilter Karriereplanung oder ein schöner Zufall?
Irgendwas dazwischen. Was ich gern im Leben tue, ist Verantwortung zu übernehmen. Ich fühle mich wohl, wenn ich es schaffe, dass andere Menschen sich wohl fühlen. Und Moderation hat für mich viel mit Verantwortung zu tun – übrigens allein schon vertraglich: Als Schauspieler bist du weisungsgebunden, als Moderator nicht. Du hast als Moderator das Zepter in der Hand und bist dafür verantwortlich, in welche Richtung der Abend geht. Ich wusste immer, dass ich mir mit der Moderation Zeit lassen konnte. Es gibt ja nicht so viele bekannte Moderatoren unter Mitte 30. Vielleicht muss man in den Köpfen der Zuschauer erst eine gewisse Reife erlangen, um überhaupt glaubhaft durch eine Show führen zu können.
Wenn Sie heute Ihren Beruf irgendwo eintragen müssen, schreiben Sie dann Schauspieler oder Moderator?
Würde ich heute in die USA einreisen, dann läge mir die Bezeichnung Schauspieler doch noch etwas näher. Für mich ist das momentan ein kleines Experiment zu sehen, ob beides zusammen geht. Dass innerhalb eines guten halben Jahres mit "Keep Your Money" jetzt die dritte Show dazugekommen ist, finde ich schon krass. Ehrlich gesagt, laufe ich der Entwicklung noch etwas hinterher. Nehmen Sie diesen Sommer: Da stand ich am einen Tag in Doppelvorstellungen als Old Shatterhand vor 16.000 Zuschauern bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg, am anderen Tag im Anzug mit Kandidaten im "Deal or no Deal"-Studio. Parallel zur Produktion von "Nur die Liebe zählt" drehe ich gerade noch eine Hauptrolle in der ARD-Reihe "Mord in bester Gesellschaft". Die Produktionsfirma hat meine Szenen extra so gelegt, dass ich sie bis zwei Tage vor Weihnachten am Stück abdrehen kann.
Was ist für Sie das Reizvollste an "Nur die Liebe zählt"?
Diese Frage kann ich nur emotional beantworten. Wir sind ja, je nach Dreh, mit einem acht- bis zwölfköpfigen Team in der ganzen Welt unterwegs, um Menschen zusammenzubringen oder zu überraschen. Am Ende des Tages haben wir in der Regel dann zwei oder mehr Menschen so richtig glücklich gemacht. Gleichzeitig unterhalten wir die TV-Zuschauer mit diesen warmherzigen, authentischen Geschichten, ohne jemanden vorzuführen. Schöner kann Unterhaltung doch nicht sein! Dabei darf ich komplett ich sein. Und nicht zuletzt deswegen machen mir die Interviews, die ich mit unseren Protagonisten führe, riesigen Spaß, weil da eine unglaubliche Nähe entsteht.
Geht die Nähe so weit, dass Sie mit den Leuten weinen wie einst Linda de Mol oder Ulla Kock am Brink?
Nicht nur ich – das ganze Team schluchzt mitunter. Erst kürzlich haben wir in der Karibik gedreht mit einem Mann, der nach zehn Jahren seine Mutter wiedergetroffen hat. Wir haben ihn hier in Deutschland abgeholt, kennen gelernt, einen Langstreckenflug mit ihm verbracht. Wenn die beiden sich dann in den Armen liegen, ist es doch nur menschlich, dass man mitfühlt und ein paar Tränen verdrückt.
Neben den Außendrehs hat "Nur die Liebe zählt" – anders als zuletzt bei Kai Pflaume – auch wieder einen Studioteil. Finden Sie das Format so ausgewogener?
Ja, ich mag die Mischung. Meiner Meinung nach wird es beim Fernsehen immer dann gefährlich, wenn man es mit der Quotenanalyse übertreibt, wenn man ein Format nur noch danach gestaltet, wie die Minutenverläufe funktionieren. Gerade bei diesem Format brauchen wir Höhen und Tiefen, schwerere und leichtere Geschichten, emotional dramatische und dann wieder entspannende Momente. Da hilft der Wechsel zwischen Einspielfilmen und Studiotalks enorm.
Als Schauspieler dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass Fiction-Produzenten mit einiger Besorgnis auf den Sendeplatz von "Nur die Liebe zählt" reagiert haben: Sie verdrängen am Dienstagabend den "Großen Sat.1 Film".
Gerade weil Sat.1 ein Sender ist, der neben den Öffentlich-Rechtlichen noch regelmäßig eigene Filme produzieren lässt, ist mir diese Besorgnis durchaus bewusst. Natürlich ist der Sendeplatz nicht meine Entscheidung. Der stand noch nicht einmal fest, als wir anfingen zu drehen. Ich finde es aber gut, dass das keine Sparmaßnahme von Sat.1 ist, sondern ein klares Bekenntnis für eine qualitätsvolle Bespielung des Sendeplatzes. Wir machen jetzt erst einmal vier Folgen "Nur die Liebe zählt". Selbst wenn's ein Erfolg wird, könnten wir niemals so viele Dienstage im Jahr stemmen, dass es für die eigenproduzierten Filme eng würde.
Herr Carpendale, herzlichen Dank für das Gespräch.