Herr Dang, Sie haben auf Ihrer "Fourscreen live"-Tour vor allem über neue digitale Vermarktungsangebote gesprochen. Finden Sie Ihr Brot- und Buttergeschäft der klassischen TV-Werbung schon selbst nicht mehr so spannend?

In meinem Kopf sind die Themen so eng miteinander verzahnt, dass ich gar keine Trennung mehr sehe. Fast alle unsere Angebote funktionieren linear wie nicht-linear, auf dem großen Screen genauso wie auf den kleineren Screens. Wir haben uns als Vermarkter bewusst von dieser Schere im Kopf verabschiedet. Dem Werbekunden und erst recht dem Zuschauer ist es doch völlig egal, über welches Kabel ein Spot auf den Bildschirm gelangt. Es geht uns immer darum, Menschen und Zielgruppen mit Bewegtbild zu erreichen. Da ist die Frage des Auslieferungsweges mittlerweile zweitrangig.

Ihre Kunden werden sich diese Vereinheitlichung erst dann wirklich gefallen lassen, wenn auch die messbaren Zahlen zwischen klassischem TV und Online-Bewegtbild vereinheitlicht sind.


Das kann ich gut verstehen. Deshalb sind wir ja auch dabei, diese beiden Töpfe vergleichbar zu machen, sozusagen eine Währungsunion für Bewegtbild herbeizuführen.

Das Vorhaben der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF), eine Konvergenzwährung einzuführen, verzögert sich nun aber nochmals. Woran hakt es?

Ursprünglich wollten wir schon Ende dieses Jahres die beiden Panels – GfK für TV und ein neues Panel für Online – miteinander fusionieren. Das werden wir jetzt wohl erst Mitte 2014 schaffen. Ein solches Projekt ist technisch am Ende immer aufwendiger, als man am Anfang denkt. Innerhalb der Mediengruppe RTL Deutschland haben wir bereits alle unsere Video-on-Demand-Inhalte auf den "Now"-Plattformen vertaggt und mit Zählpixeln versehen, so dass nicht nur die schieren Reichweiten, sondern auch Strukturdaten wie Alter, Bildung oder Einkommen messbar sind – fürs TV-Panel seit Jahrzehnten selbstverständlich, für Online etwas völlig Neues. So weit sind momentan noch nicht alle. Am wichtigsten finde ich aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Solange die angestrebte Datenfusion nicht erfolgt ist, bleibt offen, ob Sie mit Ihren VoD-Angeboten zusätzliche Zuschauer erreichen oder nur dieselben noch einmal. Carat-Chef Walter Litterscheidt hat vorige Woche im DWDL.de-Interview die These vertreten, dass "RTL Now" & Co. die Nettoreichweite kaum steigern können.


Das ist seine These – und das hieße ja, dass lineares Fernsehen immer noch so gut und so stark ist, dass es keine On-Top-Reichweite durch Online-Bewegtbild gäbe. Mal ganz abgesehen davon, dass man es sich nach einzelnen Zielgruppen differenziert ansehen sollte und nicht die Reichweite gesamt. Ich bin sehr gespannt darauf, wie es tatsächlich aussieht, wenn wir die Zahlen haben und nicht mehr aus dem Kaffeesatz lesen müssen.

"Wenn Anbieter wie YouTube bereit sind, sich mit
TV zu messen, haben sie die Chance, künftig an
TV-Werbetöpfen zu partizipieren"

IP-Chef Matthias Dang

Sie haben aber keine Analysen, mit denen Sie Herrn Litterscheidt schon heute widersprechen könnten?

Keiner hat verlässliche Analysen, weil die Fusion der Paneldaten noch nicht vollzogen ist. Ich werde mich nicht mit einer These aus dem Fenster lehnen, da könnte ich ja gleich in die Glaskugel schauen. Für Kunden und Agenturen wird der Wert der Konvergenzwährung im Übrigen auch davon abhängen, wer alles mitmacht. Das soll ja kein Closed Shop der TV-Sender sein. Die Währung ist offen für alle, auch für die Bewegtbild-Angebote der Print-Verlage oder für reine Online-Anbieter wie YouTube. Wenn die bereit sind, sich mit TV zu messen, haben sie möglicherweise auch die Chance, künftig an TV-Werbetöpfen zu partizipieren.

Und davor haben Sie keine Angst?

Ich habe null Komma null Befürchtung, in einen fairen Wettbewerb zu treten, wenn man sich wirklich miteinander vergleichen kann. Bisher kann keiner verlässlich sagen, wie YouTube sich auf der Zahlen- oder gar auf der Wirkungsebene gegenüber linearem TV verhält.