Das mit den sieben Tagen ist ja eine bekannte Größenordnung. Schon Gott nutzte sie zur Erschaffung der Erde und inkludierte gleich noch einen Ruhetag. War halt noch nicht digitalisiert der Schöpfer damals. Gott ohne iPhone. Unvorstellbar, aber wahr. Mit wem hätte er auch telefonieren oder mailen sollen? Adam hatte kein WhatsApp, also ruhten alle Hoffnungen auf Eva, die damals dafür sorgen musste, dass die später allerorten aus dem Boden sprießenden Fachgeschäfte für angebissenes Obst ein Symbol und einen Namen bekamen.
Aber darum soll es nicht gehen. Vielmehr um die Siebentagefrist. Jawoll, genau jene, die den öffentlich-rechtlichen Sendern gebietet, einen „Tatort“ nach sieben Tagen wieder aus der Mediathek zu nehmen, den Zuschauern also das zu entziehen, was diese vorher mit ihren Beiträgen satt finanziert haben.
Eingeführt wurde die Siebentagefrist einst von der Politik, die sich damit bei den Verlegern lieb Kind machen wollte. Die Logik damals lautete: Wenn die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Produkte nur kurz kostenfrei im Netz andienen dürfen, bleibt ein Markt für Unternehmer, die ähnliche Produkte für teuer Geld vertreiben können. Wer würde schon bei Maxdome, iTunes oder Watchever einen Film streamen, wenn er aus einem Fundus von 925 „Tatorten“ wählen könnte.
Nun haben sich aber die Zeiten längst geändert, der Markt hat sich entwickelt, erhitzt und wieder beruhigt. Die Verleger sind nur bedingt auf die Möglichkeit eingestiegen, den Menschen ein zusätzliches Angebot zu unterbreiten. Die meisten blieben tatenlos und schauten zu, wie die großen Spieler auf dem Feld den Markt unter sich aufteilten. Von eigener Initiative keine Spur.
Das aber lässt die ohnehin reichlich wackelige Begründung für die Einführung der Siebentagefrist zusätzlich wanken. Längst ist der Markt aufgeteilt. Das Argument, dass ein größeres Angebot der Öffentlich-Rechtlichen die Zahlungsbereitschaft der Privatkundschaft verringern würde, ist schal geworden, weil sich die Käufergruppen differenziert haben. Wer online einkauft und streamt, der bedient sich zum Großteil bei Filmen und internationalen Serien. Wer würde schon eine „Unser Charly“-Staffel oder einen „Tatort“ käuflich erwerben?
Die Grundlage für die Siebentagefrist ist also entfallen. Das hat sogar die Politik gemerkt. War es nicht Hannelore Kraft, die beim Medienforum 2013 ankündigte, sich für die Abschaffung der Siebentagefrist einzusetzen? Jawoll, war sie. Was ist seitdem passiert? Auch jawoll, wenig bis gar nichts.
Die Siebentagefrist steht so fest wie nie, und in ihrem Fundament sind nicht einmal die kleinsten Haarrisse zu diagnostizieren. Auf die Abschaffung der unseligen Löschungsklausel kann also noch lange gewartet werden. Dem Föderalismus sei Dank, denn für die Länder gibt es in der Medienpolitik offensichtlich Wichtigeres als die Abschaffung der Siebentagefrist. Service für den Beitragszahler? Ach, geh weg!
Dabei herrscht an sich nicht einmal allzu großer Dissens über den Unsinn der Regelung, nur tut halt niemand etwas dagegen. Es ist als mittelschwerer Skandal zu werten, dass es diese Siebentagefrist immer noch gibt, dass den Menschen also ihr eigenes Gut nach einer Woche genommen wird. Die Politik hat in dieser Hinsicht auf ganzer Linie versagt.
Ich habe allerdings den Verdacht, dass dieses Versagen den öffentlich-rechtlichen Sendern gar nicht einmal so ungelegen kommt. Schließlich haben sich die Anstalten längst eingerichtet und gelernt, mit der Siebentagefrist zu leben. Mir scheint, dass manche sogar Angst haben vor einer Aufhebung. Schließlich träte jeder im Netz verfügbare „Tatort“ ja in Konkurrenz zu den aktuellen Produktionen, und die Angst, dass die nonlineare Nutzung dem linearen Programm weitere Marktanteile abknapsen würde, sitzt offenbar tief.
Dementsprechend fallen die Wortmeldungen aus Rundfunkräten und Intendanzen zu diesem Themenkomplex seltsam verhalten aus. Kann es sein, dass ARD und ZDF überhaupt kein Interesse an einer Abschaffung der Siebentagefrist haben? Das wäre das Sahnehäubchen ganz oben auf dem Skandalkuchen. Das wäre ein... Mir fehlen die Worte.