Herr Oberfuchshuber, ihr Job besteht unter anderem darin, gezielt Applaus vom Publikum zu bekommen. Hat für Sie Applaus - wenn sie ihn woanders erleben - eigentlich noch etwas Ehrliches?
Auf jeden Fall. Ich schaue mir gerne Shows im TV an und erkenne dann schon, ob der Applaus von einem Warm-Upper inszeniert wurde oder ob er „echt“ ist. Das lässt sich oft in der Anfangsphase von Castingshows feststellen, wenn die Kandidaten noch unbekannt sind. Wenn die Kandidaten ein paar Runden weiterkommen, merke ich als Profi einen deutlichen Unterschied, weil die Zuschauer dann von sich aus ausflippen und der Applaus ein ehrlicher ist. Bei „The Winner is...“ allerdings war ich überrascht, da das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute so wahnsinnig mitgegangen ist, ohne dass ich während der Aufzeichnung viel steuern musste. Die Zuschauer kannten weder die Show, noch die Kandidaten, sondern waren einfach von der Show überzeugt. Das habe ich in dieser Form, außer bei „The Voice“, schon lange nicht mehr gehabt.
Wie lange dauert es, wenn Sie vor der Show auf die Bühne gehen, bis Sie merken, ob es ein schwieriger Abend werden könnte?
Das merke ich in den ersten 30 Sekunden. Mein Warm-Up beginnt ja damit, dass ich mich selbst mit dem Namen des Moderators der Show ankündige, dann aber nicht komme – und schon bei der ersten Reaktion, wenn ich noch hinter der Bühne stehe, erahne ich, ob das Publikum leicht- oder eher schwerfällig klatscht. Daran merke ich, ob ich einen leichten oder einen schwierigen Job haben werde. Gott sei Dank überwiegt das Leichte.
Macht es beim WarmUp einen Unterschied ob Sie ein älteres oder jüngeres Publikum vor sich haben?
Es ist beides auf seine Art gut. Ich kann nicht sagen, dass jüngeres Publikum einfacher oder schwieriger ist. Bei Volksmusik-Sendungen stelle ich oft fest, dass das Publikum mit Krücken vor der Halle steht, später dann aber im Studio genauso ausrastet wie ein Publikum bei der Comet-Verleihung von VIVA. Es ist vielleicht nicht so laut, aber mindestens genauso euphorisch. Ein Unterschied besteht eher bei den Witzen – bei älterem Publikum ist man etwas zurückhaltender.
Gibt es denn Unterschiede zwischen Städten oder Regionen?
Die gibt es. Als Produzent würde ich eine Comedyshow immer in Köln machen, weil die Leute dort einfach schneller lachen als anderswo. Für mich selbst macht es jedoch keinen Unterschied. Früher wurde ich immer vor dem schwierigen Münchener Publikum gewarnt. Das ist aber totaler Quatsch, wie ich jede Woche bei „Samstag Live“ merke. Dort machen wir die verrücktesten Sachen mit dem Publikum und die sind immer voll dabei. Ich arbeite überall gerne, egal ob München, Hamburg oder Leipzig.
Ist Ihr Job mehr Handwerk oder Kunst?
Es ist eine Mischung aus beidem. Die Komplexität von Produktionen macht den Job jedoch immer schwieriger. Ich will aus dem Ganzen, was ich dem Zuschauer vor der Show erzählen muss, selber eine komplette Show zaubern, damit der Zuschauer von Beginn an das Gefühl hat, schon mittendrin zu sein. Nur wenn ich das schaffe, gelingt es mir, die Reaktion des Publikums, die ich brauche, auch tatsächlich zu bekommen und sie so in die eigentliche Show zu transportieren.
Und das wird schwieriger?
Es werden in letzter Zeit immer häufiger – fast bis zu 30 Minuten lang – irgendwelche Reaktionen des Publikums aufgezeichnet, was zwar inhaltlich als Schnittmaterial für die Show sehr wichtig, für die Leute dann aber kein Vergnügen mehr ist, sondern harte Arbeit. Die Kunst besteht dann darin, den Zuschauer so einzubinden, dass er nicht merkt, gerade aktiv zu arbeiten und stattdessen bei dieser Pflicht sogar Spaß hat. Es bringt nichts, das Publikum eine halbe Stunde zu quälen und 20 Appläuse in zehn verschiedenen Lichtstimmungen aufzuzeichnen, weil das Publikum mit Beginn der Show dann schon kaputt ist. Das halte ich für den falschen Weg, aber es läuft immer öfter darauf hinaus.
Ist das Fernsehen so viel komplexer geworden oder ist es nur der bequemere Weg gewisse Dinge lieber vorab aufzuzeichnen?
Die Herstellung von Sendungen wird anspruchsvoller – und das führt schließlich zu den vielen Vorproduktionen mit dem Publikum, damit dann die gewünschten Bilder vorhanden sind, wenn man sie in der Show nicht direkt einfangen kann. Ich selbst versuche aber häufig schon bei der Vorbesprechung mein Know-How einzubringen, um die Aufzeichnungen vielleicht etwas besser aufzuteilen, um es dem Publikum so angenehm wie möglich zu machen. Ich kriege ja sonst auch den Unmut ab, wenn die Leute dann während der eigentlichen Show müde werden und nicht mehr voll dabei sind. Bei „Ich liebe Deutschland“ haben wir zusammen mit unserer Band eine, wie ich finde, großartige 45-minütige Warm-up-Show kreiert, die dem Publikum wahnsinnig Spaß gemacht hat. Die Leute waren während der Show kaum mehr zu halten, obwohl sie nur einen Pfefferstreuer gewinnen konnten.
Häufig hört man von Warm-Uppern in der letzten Werbepause auch Sätze wie „Gleich haben Sie es geschafft“. Das hat für mich immer etwas Humoriges...
Wenn eine Sendung im Fernsehen 90 Minuten dauert, man sich aber bei der Aufzeichnung der Vier-Stunden-Grenze nähert, kannst Du die Zuschauer auch nicht belügen. In der Regel kennen die die Sendung und denken, dass das alles nach zwei Stunden vorbei ist. Da muss man dann aber auch mit offenen Karten spielen. Das tue ich, indem ich von Beginn an sage, dass die Aufzeichnung vier Stunden dauert. Es bringt mir ja nicht viel, wenn die meisten nach zwei Stunden mürrisch werden und wir noch die Hälfte vor uns haben.
Der Begriff des Warm-Uppers ist bekannt, wenn man sich in der Szene bewegt oder des Englischen mächtig ist. Wie erklärt man der eigenen Familie, was ein Warm-Upper ist? Oder sind Sie für die dann ein Anheizer?
Anheizer finde ich zum Beispiel einen blöden Ausdruck, aber ich sage gerne Animateur. Das trifft es am besten, weil ich die Zuschauer im Fernsehstudio auf das, was gerade passiert, animiere. Mit diesem Begriff kann eigentlich jeder etwas anfangen.