In der letzten Woche habe ich an dieser Stelle das Ende der Ego-Bomben ausgerufen. Nicht, dass einer der gleich genannten diese kleine Pfurzigkeit von mir hier liest, aber es schien mir, als hätten sie und meldeten sich in dieser Woche in neuer Fulminanz:
Die peinlichste Ego-Bombe (im Nachgang EB genannt) ist ganz sicher Boris Becker. Der „Baron“, wie er früher von vielen, die seine Freunde sein wollten genannt wurde, befindet sich nach seinem „zärtliche Cousinen“-Ausflug im freien Fall vom Trottoir des Boulevards, cool nach links den Herrn Bohlen grüßend, um unwiederbringlich in der Hölle der Naddel-Liga zu braten. Da ist wohl keiner, der ihm sagt, dass jeder Bogen überspannbar ist.
Susanne Klatten, die reichste EB dieser Woche, darf sich sicher die Frage gefallen lassen, was von der breitest ausgewalzten Medienoffensive eigentlich echt ist, steht doch zu vermuten, dass sie neben Terrorismusexperten auch den ein oder anderen PR-Agenten in den letzten Monaten hat diese Geschichte putzen und feilen lassen, die trotz allem noch derartige Absurdität in sich trägt. Auch ist die Frage erlaubt, wie sich ein BMW-Bandarbeiter aus Dingolfing wohl fühlt, der um seinen Arbeitsplatz bangen muss, während seine durchaus nicht wegen Renditeverachtung bekannte Hauptaktionärin einem kriminellen Hallodri Millionen in den Rachen wirft.
Die wunderlichste EB ist Christiane Hansen zu Salm Kofler. Nach der dann doch recht kurzen Verweildauer als Vorstand bei Burda schießen die Spekulationen ins Kraut, dass man sich die Ohren zuhalten will.
Ihr südtiroler Ex-Partner zeigte diese Woche bei Maischberger, dass Erfolg weder weise noch leise macht. Georg Kofler, der Erfinder der besten Fernsehmarke Deutschlands, der Verkaufszampano, der Premiere bei 30 Euro an die Börse brachte, um allerdings der Anti-Ego-Bombe Michael Börnicke das bekannte Erbe zu hinterlassen, dieser Georg Kofler vergab die Chance, anders zu erscheinen als eine Ego-Bombe, die die 90er-Jahre-Litanei von Erfolg, Eigentum und unternehmerischen Risiko vorträgt und keinerlei Sensibilität für den Zuschauer zeigte, der nun in großer Breite meinen muss, die „Mänätschä“ hätten rein gar nix gelernt.
Die (heu)schreckliste EB war am Montag das Interview mit Thomas Krenz im „Spiegel“. Gut durch die Fragenden in die Zange genommen, antwortete der CEO von Permira derart kaltschnäuzig, dass einem Bernhard Wicki durch den Kopf schoss. Am Schluss erfuhr der, der es noch lesen konnte, dass der Arme jetzt, wo die Fete vorbei ist, mal eben aufhört und endlich leben will. Mir fiel da meine Freundin Kathi ein, die grade ihren Job bei ProSiebenSat1 verloren hat und ganz sicher auch mal leben will...
Als die unverschämteste EB dürfen sich die Verfasser des offenen Briefes von SAT 1 bezeichnen lassen. Anstatt Rosenkränze zu beten, dass sie der Umzug zur Mutter erst 8 Jahre nach der Fusion trifft, wird eine Selbstvergessenheit an den Tag gelegt, die auch dem letzten Gutmeinenden zeigt, dass jetzt ausgeräumt werden muss. Und mag man auch in diesem Mediendienst über Unterföhring spotten; hier hat SAT 1 unter der neuen Führung von Gudio Bolten die sicher letzte Chance, endlich wieder das zu werden, was man in Berlin immer noch zu sein glaubte.
Parade der Granden
Die lustigste EB der Woche ist Franz Beckenbauer. Wer die ehedem vom Spiegel „Firlefranz“ getaufte Lichtgestalt auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern gesehen hat, ahnt, was Ruhe, Gelassenheit, Reichtum und ein gesunder Schuss Sarkasmus auch im fortgeschrittenen Alter noch für Entwicklungspotential in sich trägt.
Die Sympathie-EB ist Thomas Gottschalk. Auch mit mittelmäßiger Lust zeigt er allen, dass er der Gastgeber Deutschlands ist und dies noch hoffentlich lange bleiben wird.
Und an alle anderen Ego-Bomben dieser Welt schreie ich’s hinaus: schreibt mehr Kolumnen!
Ahoi!
Kai Blasberg
Grübelt, denkt, zweifelt, spinnt, träumt und visioniert.
Aber bitte mit Mut, Zuversicht und Lautstärke.
Tanzt, tanzt, vor allem aus der Reihe.
Diese Woche in Dur...
- Jan Weiler (ein feiner Mensch)
- Endlich eine neue Wohnung
- Der beste Freund der Freundin
- Der mutige kleine Meenzer Jung
...und in Moll
- Köln am 11.11. (spießig hoch 10)