Gerade mal 64 Millionen Euro wurde im vergangenen Jahr in Deutschland mit Video-on-Demand-Angeboten verdient - und auch 2012 wird die Marke von 100 Millionen Euro wohl nicht fallen. Es sind keine allzu optimistischen Zahlen, die Klaus Goldhammer von Goldmedia am Montag beim Internationalen Filmkongress in Köln präsentierte. Dass auf der anderen Seite Netflix in den USA so erfolgreich sei, liegt seiner Meinung nach nicht nur am großen Angebot, sondern auch an der Tatsache, dass Netflix auf gut 450 Endgeräten verfügbar sei - welche auch immer das sein sollen.
Doch was heißt das für Deutschland? Lässt sich mit Video on Demand auch bei uns Geld verdienen? Robert Franke vom zum ProSiebenSat.1-Konzern gehörenden Online-Portal MyVideo hat bei den Deutschen keine allzu große Bezahlmentalität ausgemacht. "Nicht alle Nutzer haben eine Zahlungsbereitschaft", sagte er und fügte hinzu: "Wir sind kein Pay-Markt." Gleichzeitig biete das jedoch die Chance für werbefinanzierte Angebote wie etwa MyVideo. Dort strebe man an, im kommenden Jahr bis zu 2000 Filme anbieten zu können.
Zudem will MyVideo verstärkt exklusive Inhalte produzieren. "Wir machen dies übrigens schon - und zwar vor YouTube", stichelte Franke. Die Wandlung, die MyVideo in den vergangenen Jahren durchgemacht hat, ist dabei durchaus beachtlich. Als YouTube-Klon begonnen, entwickelte das Unternehmen nach und nach eine Premium-Strategie, die zunächst vor allem die Musik im Blick hatte. Inzwischen setzt man verstärkt auf Catch-Up-TV der ProSiebenSat.1-Gruppe, auch wenn das bei vielen Menschen noch immer nicht angekommen sei. "Vom Standing her haben wir uns noch nicht profiliert", gab Franke daher umunwunden zu.
Auch bei den Öffentlich-Rechtlichen hat man den zunehmenden Stellenwert des Internets erkannt. Bei der kommerziellen WDR-Tochter WDR mediagroup wird derzeit eifrig an "Germany's Gold" gearbeitet. Doch ohne Mithilfe anderer Sender und Unternehmen wäre ein derartiges Videoportal-Projekt kaum möglich. "Man schafft es nicht alleine", machte WDR mediagroup-Geschäftsführer Michael Loeb beim Internationalen Filmkongress deutlich. Das hätten auch Gespräche mit dem US-Sender ABC gezeigt. Trotz großer Marken wie "Lost" und "Desperate Housewives" habe sich ABC nicht ohne Grund dazu entschlossen, sich der Plattform Hulu anzuschließen.
Für die Zukunft kann sich Loeb gut vorstellen, auch die Privatsender einzubeziehen. "Wir sind offen für Dritte", sagte er und betonte: "Es ist schade, dass es mit 'Amazonas' nicht geklappt hat." RTL und ProSiebenSat.1 hatten geplant, ein gemeinsames Videoportal unter dem Arbeitstitel "Amazonas" an den Start zu bringen, scheiterten damit allerdings am Kartellamt, weil es nach Ansicht der Wettbewerbshüter auf die relevanten Märkten einen beherrschenden Einfluss ausüben würde. Gerade hinsichtlich der zu erwartenden neuen Player auf dem deutschen Markt sei eine Zusammenarbeit erstrebenswert, betonte Michael Loeb.
Auch die Privatsender hätten Qualitätsinhalte zu bieten, die zu "Germany's Gold" passen würden. Für den Moment sei das aber noch kein Thema. Zugleich betonte Loeb, dass das Internet große Chancen für die Verbreitung von Filmen bietet. Er gab jedoch zu bedenken, dass man sich längst nicht mehr nur auf dem deutschen Fernsehmarkt bewege, sondern sich in einer globalen Welt befinde. Dem schloss sich Thorsten Hennig-Thurau, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Medien an der Universität Münster, an. So sei es insbesondere für junge User nicht nachvollziehbar, wenn es teilweise ein halbes Jahr dauere, bis es TV-Inhalte aus den USA nach Deutschland schaffen.
"Es gibt eine Zahlungsbereitschaft, aber die Ansprüche sind sehr hoch", sagte Hennig-Thurau. Und auch Robert Franke von MyVideo betonte: "Die Nutzer haben keine Lust auf auf künstliche Verknappung und können Verwertungsfenster nicht nachvollziehen." Das mache sie aber keineswegs zu Kriminellen. Doch genau darum dürfte es gehen: Wie kommen Fans von Filmen und Serien legal an ihre Inhalte? Für Michael Loeb von der WDR mediagroup ist die Richtung klar: "Der beste Weg gegen illegale Inhalte sind legale Angebote mit benutzerfreundlicher Bedienung." Bleibt zu hoffen, dass die Anbieter genau das für die Zukunft beherzigen.