2009 kam der Film "Avatar - Aufbruch nach Pandora" in die Kinos und löste einen regelrechten 3D-Hype aus - und zwar längst nicht nur im Kino, wo eine Zeit lang kaum ein Blockbuster ohne 3D-Variante auskam. Nein, auch die Hersteller von TV-Geräten witterten das große Geschäft. Weil sich neue Fernseher am besten verkaufen, wenn sie auch eine Innovation gegenüber den Vorgängermodellen bieten, wurde 3D auch im Fernsehen zum großen Trend erklärt. Die Messehallen waren voll von Personen in albernen Brillen, 2012 war laut Bitkom bereits jedes vierte verkaufte Fernsehgerät mit der entsprechenden Technik ausgestattet.
Es ist also gut möglich, dass auch Sie ein solches Gerät inklusive der zugehörigen Brille zu Hause haben. Die Frage ist nur: Nutzen Sie es auch? Dort stehen Besitzer eines 3D-Fernsehers nämlich ganz profan vor der Frage, wo es denn eigentlich Inhalte dafür gibt. Sky hat schon 2010 einen 3D-Sender gestartet und betreibt diesen bis heute. Zu sehen gibt es dort allabendlich zwei 3D-Sendungen, also in der Regel Filme oder Dokumentationen. Ein Aushängeschild zum Start war die Übertragung eines Bundesliga-Spiels pro Spieltag in 3D. Doch schon Mitte 2012 hat Sky die Dosis hier wieder auf ein Spiel pro Monat reduziert. Wieviele Sky-Kunden das 3D-Angebot, das keine zusätzliche Monatsgebühr kostet, sondern nur einmalig freigeschaltet werden muss, nutzen, verrät Sky nicht. Man sei mit der Nutzung aber "sehr zufrieden", heißt es auf DWDL.de-Anfrage. Änderungen im Angebot seien jedenfalls nicht geplant.
Euphorie klingt anders - und wo man sich auch umhört in der Branche: Kommt das Gespräch aufs Thema 3D, winkt man ab. Während neben Sky beispielsweise auch Unitymedia 3D-Filme zumindest zum Abruf bereitstellt, hält man sich bei Amazon zurück: 3D-Filme im Prime-Paket gibt es nicht. Im klassischen Fernsehen ist von 3D neben dem beschriebenen Sky-Angebot ohnehin kaum etwas zu sehen. "Aktuell kein Thema" heißt es unisono bei den großen privaten TV-Konzernen ProSiebenSat.1 und Mediengruppe RTL. "Der allgemeine '3D-Hype' ist in der Branche zwischenzeitig stark zurück gegangen und konnte sich insgesamt nur in Nischenbereichen durchsetzen", konstatiert man auch bei der ARD.
Beim ZDF hatte man sich in der Vergangenheit durchaus aufgeschlossen gegenüber 3D gezeigt. Im Oktober 2011 gab es - zumindest über die Mediathek - erstmals eine 3D-Eigenproduktion zu sehen: Die "Huberbuam" wurden bei spektakulären Klettereien in den Berchtesgadener Alpen gefilmt, auch an der Arte-Koproduktion "Pina" war man beteiligt. Doch heute ist man nicht mehr bereit, in die Technik zu investieren. "Das ZDF wird diese Technik nicht weiter verfolgen, so lange eine spezielle Brille zum Betrachten erforderlich ist." Die 3D-Revolution scheiterte also wohl nicht zuletzt daran, dass man sich vielleicht noch mit spezieller Brille ins Kino setzt, aber im Wohnzimmer zu Hause?
Auch bei der Produktionsfirma Plazamedia, die schon stereoskope Produktionen realisiert hat, sieht man darin das Haupthemmnis. Heute stünden 3D-Produktionen jedenfalls "nicht mehr sehr stark im Fokus unserer Kunden", formuliert Jürgen Konrad, Senior Product Engineer & Research bei Plazamedia diplomatisch. "Wie alle waren wir von dem Bilderlebnis begeistert. Dennoch ist diese Technologie heute für die meisten Zuschauer kein Thema mehr. Insbesondere, weil sie mit starken Einschränkungen aufgrund der mit ihr verbundenen 'Brillenpflicht' im heimischen Wohnzimmer einhergeht."
Inzwischen haben auch die ersten Hersteller von Fernsehgeräten, die lange Zeit die Treiber des 3D-Hypes waren, die Schlacht einstweilen verloren gegeben. Samsung wird in seinen neuen Modellen in diesem Jahr keine 3D-Funktionen mehr verbauen. Man habe die Entscheidung aufgrund der geringen Nachfrage getroffen und wolle sich nun lieber auf die Entwicklung von Technologien für eine bestmögliche Bildqualität konzentrieren. Auch LG fährt die Produktion von 3D-Fernsehen runter.
Ricardo Petzold, Chefredakteur der Zeitschriften "Digital Fernsehen" und "Satellit" sieht den Ball aber weiter im Feld der Geräteindustrie. "Es hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass 3D-Fernsehen mit zusätzlicher Brille bei den Zuschauern nicht ankommt. Sobald sich die Technologie ändert und 3D-Fernsehen ohne zusätzliche Brille geschaut werden kann, wird es wieder interessant." Auch beim Satellitenbetreiber Astra will man noch nicht in den endgültigen Abgesang einstimmen: "3D könnte durch Ultra-HD eine Renaissance erfahren, denn für brillenloses 3D kann die Auflösung gar nicht hoch genug sein", erklärt Astra-Sprecher Stefan Vollmer. Und falls das nie Realität wird? "Die hohe Tiefenschärfe von Ultra-HD-Bildern sorgt schon allein für einen gewissen 3D-Effekt", so Vollmer. Aber dem Thema Ultra-HD und wie dort der aktuelle Stand ist, werden wir uns dann in einem eigenen Artikel widmen.
Jürgen Konrad von Plazamedia weist unterdessen schon auf ein Kuriosum des nächsten Hypes hin: "Nachdem 3D sich letztlich nicht etabliert hat, ist der neue Trend zur Virtual Reality umso überraschender, der, man glaubt es kaum, erneut auf eine Brille setzt." Immerhin sei diese Technologie aber nicht auf das klassische Fernsehbild beschränkt, sondern ermögliche komplett neue Sehoptionen. Ganz verloren geben will man die 3D-Produktionen daher noch nicht. Die Zukunft könnte in getrennter Bilderzeugung für das linke und rechte Auge liegen. "Die Stereoskopie würde so wieder an Bedeutung gewinnen."