Himmel und Hölle bei Big Brother 9Die vorweihnachtliche Stimmung bei RTL II ist im Keller. Die wichtigste Eigenproduktion des Hauses entpuppt sich schon kurz nach dem Start als großes Sorgenkind. "Big Brother" läuft nicht mehr. Die Realityshow erreicht weder mit den Live-Shows und inzwischen auch mit den Tageszusammenfassungen nicht einmal mehr den Senderdurchschnitt.

Offiziell gibt der Sender Durchhalteparolen aus. Es gebe keinen Anlass für Krisengespräche. Die Performance des Vorabend-Formats sei nicht besorgniserregend. Doch zwischen den Verlautbarungen der PR-Abteilung und der tatsächlichen Situation beim Sender wie auch Produzenten Endemol liegen Welten. Ratlosigkeit hat sich breit gemacht. Woran mag der Quoten-Einbruch liegen?
 
Keine umfassende Erklärung, aber eine interessante Feststellung: Während man mit unglaublichem Aufwand die beiden gefloppten US-Serien "Californication" und "Dexter" bewarb, blieb für "Big Brother" offenbar nicht viel über. Eine umfassende Werbekampagne blieb aus. Auch das Interesse der Presse fiel deutlich geringer aus. Weniger Journalisten als sonst interessierten sich für die Auftakt-PK in Köln.
 
Doch wie lassen sich die Einschaltquoten jetzt steigern? Naheliegende Möglichkeiten hat sich RTL II seit einiger Zeit selbst verboten. Vom Image des Sex- und Skandal-Senders hatte man sich in den vergangenen Jahren gerade einmal mehr oder weniger erfolgreich gelöst. Mehr Sex, mehr Skandale, mehr Konfrontation in der laufenden "Big Brother"-Staffel würden einen Kurswechsel bedeuten.
 

 
Dabei sind Maßnahmen dringend erforderlich. Sich auf die Erfahrungswerte vergangener Staffeln zu berufen und eine Steigerung der Marktanteile zu hoffen, wäre gutgläubig. Auch, weil durch den frühen Start von "Big Brother 9" ein unkalkulierbares Risiko unmittelbar vor der Tür steht: Weihnachten. Im Sommer war sich RTL II-Programmdirektor Axel Kühn noch sicher: "Weihnachten und Silvester im Haus – fern ab von den lieben Verwandten und Bekannten. Das ist einfach spannend", sagte er im Interview mit uns.

Foto: RTL II; Grafik: DWDL.deDoch der von Januar auf Dezember vorverlegte Start von "Big Brother 9" könnte jetzt zum Boomerang werden: Über die Weihnachtsfeiertage wird inbesondere die sehr junge Zielgruppe des Reality-Formats mit ihren normalen Sehgewohnheiten brechen. Sollte das Format bis dahin nicht an Attraktivität in der Zielgruppe gewinnen, besteht auch die Gefahr, dass nach den Feiertagen bisherige Stammzuschauer nicht wieder zurückkehren.

Ein Ausstieg aus dieser zeitlich begrenzten Staffel wäre ein hartes Eingeständnis: Es wäre die Erkenntnis, dass sich "Big Brother" in dieser Form überlebt hat. Ohnehin fraglich, zu welchem Zeitpunkt ein Ausstieg vertraglich möglich wäre. Das sind Details zwischen Endemol und RTL II, über die man nur spekulieren könnte. Doch selbst wenn man sich vorzeitig von "Big Brother 9" verabschieden würde: Es wäre kein Problem gelöst.

In den vergangenen Jahren füllte RTL II die Zeit zwischen den "Big Brother"-Staffeln mit Sitcoms am Vorabend. Quotenstark waren diese zuletzt nicht mehr. Eine andere Alternative wird sich kurzfristig allerdings nicht finden. Immerhin gab es in Grünwald bei München vor dem Beginn der jetzigen Staffel keinen Anlass für Zwischenplanungen. Erst für den kommenden Sommer hat RTL II wieder Pläne für den 19 Uhr-Sendeplatz. Heikel jedoch: "Die perfekte Frau" ist ebenfalls ein Reality-Format.