Gerd HallenbergerGerd Hallenberger weiß, wie man Fernsehmachern Mut macht. In seinem Vortrag "Made in Germany - aber keiner schaut hin?" während der 22. Medientage München erklärte der Privatdozent mit Lehrauftrag an der Uni Marburg, dass es mit der Krise der deutschen Fiction nicht so weit her ist, wie mancherorts immer wieder beschworen wird.

Zwar scheitern ambitionierte Neustarts und bei den jungen Zielgruppen spielen vor allem US-Serien eine zentrale Rolle, doch nach wie vor haben etablierte Programm-Marken wie der "Tatort" oder "Cobra 11" ihren festen Platz bei den Sehgewohnheiten der Zuschauer. Betrachtet man zudem die weniger spektakulären Neustarts aus der eher soliden öffentlich-rechtlichen Ecke, so lässt sich dort unter anderem mit "Die Stein" so mancher Erfolg ausmachen. 
 
Auch im Ausland sei das deutsche Fernsehen stark nachgefragt. "Hier ist Made in Germany noch ein Qualitätskennzeichen", sagte Hallenberger und verwies auf den Erfolg vor allem deutscher Eventproduktionen im internationalen Markt und die wachsende Rolle im Formathandel bei nicht-fiktionalen Konzepten.
 

Medientage München

"Fernsehtrends entstehen nicht im Fernsehen", erklärt Hallenberger. Sie entstehen ihm zu Folge im Alltag - dem entsprechend ändere sich mit einer neuen Lebenssituation auch der Anspruch an das Programm. Die derzeit eher angespannte Situation der Verunsicherung sei daher auch als Ursache für die steigende Nachfrage nach weicher Fiction und fiktionalen Programmen mit Fantasy-Elementen auszumachen - sei es das Fantastische der "Heroes" oder das Quasi-Fantastische von Figuren wie "Monk" oder "Dr. House", die immer wieder Anlass zur Hoffnung auf Rettung in misslichen Situationen geben.

Auch wenn allenthalben von einer Krise der deutschen Programmware gesprochen wird: Wissenschaftler Hallenberger kann sie so eng begrenzt nicht ausmachen. So seien vom Scheitern nicht nur deutsche Produktionen betroffen. Auch manche hochwertige US-Ware, die international erfolgreich Marktanteile einfährt ,will hier zu Lande - teils aus inhaltlichen, teils aus programmplanerischen Gründen - nicht wirklich zünden. Die Montags-Serien von RTL II - "Californication" und "Dexter" - sind da nur die jüngsten Beispiele.
 
 
 
Auch die starke Präsenz internationaler Importe und Adaptionen in deutschen Programmen sei keine junge Entwicklung, führte der Medienwissenschaflter aus und verwies auf "Dallas" und "Was bin ich?". "Damals hieß es nur nicht Formatadaption, sondern 'da haben wir das Konzept übernommen'", so Hallenberger.

Als Problem jedoch sieht er an, dass die Interessen von Zuschauern und Sendern in grundsätzlichen Punkten auseinander gehen. Als Programmierung auf kleinstem gemeinsamem Nenner bezeichnete Hallenberger das Vorgehen mancher Anbieter, der mit den Bedürfnissen seiner Zuschauer manchmal über Kreuz zu liegen scheint.

Denn während das Publikum den Anspruch stelle, unterhalten zu werden, wolle der Sender lediglich den Umschaltimpuls so gering wie möglich halten. Statt Inhalte, die möglichst vielen gefallen, habe es manchmal den Anschein, als gehe es um Programme die möglichst wenigen missfallen. Die Folgen seien drohender Imageverlust und der Verlust des Vertrauens des Zuschauers in den Sender als verlässlicher Anbieter. Auch wenn es nur wenige seien, die enttäuscht würden, so addiere sich die Summe der um ihre frisch gelernten Programme Gebrachten stetig.

Als weitere Gründe für Misserfolge nennt Hallenberger das Fehlen von Geld und Mut in der Entwicklung, falsche Sendeplätzen oder gar Sender für einzelne Inhalte und eine zu Weilen lieblose Programm-Promotion. Als Paradebeispiel für den gelungen Umgang mit neuen Stoffen hingegen nennt er die Entwicklung des heutigen Hits "CSI". So habe man das Programm lange genug bei Vox laufen lassen, um es zu etablieren und schließlich zum "Hauptsender" RTL zu verlegen. Schade für Vox - gut für's Format.