Foto: Medientage MünchenNachdem der Bezahlanbieter Premiere in der vergangenen Woche die Zahlen seiner Abonnenten "neu klassifiziert" hat und nun deutlich weniger zahlende Kunden ausweist, als bisher stets verkündet, gerät das Unternehmen ins Schlingern. Der Kurs der Aktie stürzte massiv ab. Zugleich spricht das Unternehmen von einem operativen Verlust in Höhe von 40 bis 70 Millionen Euro, den man im laufenden Geschäftsjahr einfahren werde. Der Vorwurf, das Unternehmen habe lange Zeit mit geschönten Kundenzahlen gearbeitet, wird laut.

Vor allem vor dem Börsengang des Unternehmens im Jahr 2005 soll, so war zum Beispiel im "Focus" zu lesen, mit zweifelhaften Aktionen die Zahl der Abonnenten auf dem Papier künstlich in die Höhe getrieben worden sein. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" äußerte sich nun Georg Kofler (Bild), der das Unternehmen an die Börse führte und bis zum Jahr 2007 den Posten des Vorstandsvorsitzenden bekleidete. "Unsere Berichterstattung, vor und nach dem Börsengang war stets einwandfrei: Jeder ausgewiesene Euro wurde auch real erwirtschaftet. Da wurde weder beschönigt noch schwarz gemalt", sagte Kofler der Zeitung.
 


Einen Zusammenhang zwischen den neuen Kunden-Zahlen und dem drohenden Verlust sieht Kofler nicht. So verdiene das Unternehmen nun nicht mehr oder weniger, sondern weise nur weniger Abonnenten mit einem höheren durchschnittlichen Pro-Kopf-Umsatz aus, sagte Kofler laut "SZ". "Wozu also die Aufregung? Es gibt keinerlei objektiven Zusammenhang zwischen der Neuklassifizierung der Abonnenten und der Ergebniswarnung des Unternehmens", so Kofler zur "SZ".

Das Vorgehen zum Börsengang verteidigt Kofler mit den Worten: "Unsere Strategie war auf hohe Marktpenetration ausgerichtet: Lieber mehr Abos mit weniger Umsatz pro Abo, als wenige Abos mit hohem Umsatz". Dies habe man auch stets transparent erklärt, so der ehemalige Premiere-Chef in der "SZ".

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Laut einem Bericht der Zeitung "Euro am Sonntag" könnten Premiere durch die aktuellen Entwicklungen Schadensersatzklagen von Anlegern drohen, da bereits Anfang September in der Presse von geschönten Abo-Zahlen zu lesen war. Dies könnte ein Beleg dafür sein, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt bekannt war, dass die zuvor genannten Zahlen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen.

Rechtsanwalt Jürgen Tilp sagte der Zeitung: "Es ist davon auszugehen, dass Premiere bereits vor dem vergangenen Donnerstag wusste, dass die Abonnentenzahl zu hoch angesetzt war. Das Unternehmen dürfte also kursrelevante Informationen zurückgehalten und damit wohl zumindest grob fahrlässig gegen seine Veröffentlichungspflicht verstoßen haben."

Ob indes die Veröffentlichung der neuen Zahlen zur Strategie Rupert Murdochs gehört, um den Kurs des Unternehmens nach unten zu treiben, um schließlich die verbleibenden Anteile zu übernehmen, ist derzeit unklar. Murdochs News Corp. hält derzeit eine Sperrminorität von 25,01 Prozent an dem Unternehmen. Würde er jedoch mehr als 30 Prozent halten, müsste er den weiteren Anlegern ein Übernahmeangebot machen, das weit über dem derzeitigen Kurs von historisch tiefen 2,89 Euro (Dienstag-Vormittag) liegt. Zu Grunde gelegt wird für die Übernahme der Durchschnittskurs der jeweils vergangenen drei Monate. Sollte Murdoch diesen Plan verfolgen, hieße das für ihn: Abwarten und hoffen, dass der Kurs sich so bald nicht erholt.