Foto: PixelquelleWolf Bauer ist zufrieden. Zur Eröffnung der Berliner Medienkonferenz stellte der Geschäftsführer der UFA Film- und Fernsehproduktion ein Projekt vor, das in seinen Augen neue Maßstäbe auf dem Produktionsmarkt setzen soll. Die Bertelsmann-Tochter, die hinter Fernseh-Formaten wie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ steht, entwickelt für studiVZ, Deutschlands größtes soziales Netzwerk mit über 10 Millionen Nutzern, und die beiden anderen VZ-Plattformen schülerVZ und meinVZ serielle Online-Formate, die sich inhaltlich und formal an den Bedürfnissen der Internet-Communities orientieren sollen. UFA und studiVZ produzieren und vermarkten die Serien als gleichberechtigte Partner.

Seit sechs Jahren wurde an der UFA an speziellen Angeboten für das neue Medium gebastelt. Andere Produzenten würden ihr gerne folgen und heute ihre gesamte Kreativität in die Programme von Morgen investieren. Ihnen fehlt nur das nötige Kleingeld, klagten die Vertreter der Produzentenallianz, deren Firmen rund 80% des Unterhaltungsprogramms im deutschen Fernsehen und Kino herstellen, am Dienstag auf dem Panel „New Terms of Trade“.
 


Ihre Klage ist nicht neu. Doch sie scheint endlich von den Sendern erhört zu werden. Auch weil sie von der Politik in Bund und Ländern mit mehr als sanftem Druck gezwungen werden, die aus den 60er Jahren stammenden Regeln in den Geschäftsbeziehungen zu verändern. Damals bezahlten ARD und ZDF für Fernsehfilme oder Spielshows einen festen Preis, der nicht nur die Kosten deckte, sondern auch einen kleinen Gewinn bei den Produzenten ließ. Dafür waren sie stolze Eigentümer des Programms und der Idee.

Mit der Gründung privater Sender in den 80er Jahren stieg die Nachfrage nach Programmen. Und mit ihr die Zahl der Produzenten, die sich ein Stück vom Kuchen abschneiden wollten. Die Preise stagnierten jedoch bald bei steigenden Kosten. Die Gewinne der Produzenten brachen ein. Viele trudelten in die Krise oder rutschten sogar ins endgültige Aus, als die privaten Sender zur Jahrtausendwende die Aufträge drastisch reduzierten. So halbierte sich die Zahl der neu produzierten Fernsehfilme. ARD und ZDF froren dagegen die Preise ein, nachdem ihnen die Ministerpräsidenten die Erhöhung der Gebühren in der gewünschten Höhe verweigert hatten.

Mit der wachsenden Zahl der Sender wurde jedoch die zweite Seite der Vertragsbeziehungen interessant: Die Rechte an Ideen, Filmen oder Shows. Sowohl ARD und ZDF als auch die beiden privaten Sendergruppen wollten sie vollständig, die Produzenten so schnell wie möglich zurückerhalten, um sie selber weiter zu verkaufen. Doch zunächst machte ihnen die Politik unter Helmut Kohl einen Strich durch die Rechnung. Sie erhöhte den Zeitraum, in dem die Fernsehanstalten Filme ausstrahlen können, von fünf auf sieben Jahre.

Jetzt setzen die Politiker wieder auf den alten Zeitrahmen. Die Entwicklung der Technik und mit ihr die steigende Zahl der Programm-Anbieter, sowie das veränderte Nutzungsverhalten der Zuschauer, rückte auch die faire Teilung der Rechte zwischen Produzenten und öffentlich-rechtlichen Anstalten in den Fokus. Denn was wollen ARD und ZDF mit Rechten für das Pay-TV, das sie gar nicht betreiben dürfen? Wenn heute aber alte „Derrick“-Folgen auf dem Krimi-Kanal von Premiere laufen, verdient vor allem das ZDF.

Das Geld würden die Produzenten lieber selber einstreichen. Lukrativer verspricht jedoch das Geschäft auf den digitalen Kanälen und im Internet zu werden. Bisher kauften die Sender diese Rechte meist automatisch mit. Endgültig läuteten bei ihnen die Alarmglocken, als die Pläne der Medienpolitiker der Länder im Entwurf des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vorsahen, dass ARD und ZDF die Programme in ihren Mediatheken sieben Tage lang kostenlos einstellen können.

Die Politiker begriffen ihr Anliegen, aber mehr als eine Empfehlung konnten sie nicht aussprechen. Die Produzentenallianz verhandelt parallel mit allen Sendern. Mit ARD und ZDF steht sie zumindest bei der Rechteaufteilung bei Kinokoproduktionen kurz vor dem Durchbruch. Bei den privaten Sendergruppen ist die Interessenlage unterschiedlich. RTL will nur die Rechte, die es brauchen kann. Die Kölner überlassen den Produzenten die Vermarktung von Rechte für Pay-TV, Videoauswertung und Internet und werden an den Erlösen beteiligt. ProSiebenSat.1 will dagegen alle Rechte selber vermarkten und die Produzenten an den Erlösen beteiligen.

Doch dafür brauchen die Produzenten zunächst eins, was sie nach ihrer gestrigen Darstellung nicht ausreichend haben: Geld, um selber Stoffe für Fernsehfilme oder neue Entertainment-Formate zu entwickeln und einen Teil der Produktionsbudgets zu schultern. Das wird sich auch so schnell nicht ändern, wenn sie alleine auf den Verkauf von Rechten setzen. Sie müssen die eigenen Geschäftsmodelle hinterfragen, um eigenes Kapital einsetzen zu können, den Sendern auf Augenhöhe bei den Verhandlungen begegnen können und vor allem in der modernen Medienwelt bestehen können. Davon war gestern zumindest wenig zu spüren.