Was wir zuletzt von Jack Bauer sahen, war spektakulär. Wie alles, was er tut, innerhalb kürzester Zeit – in der Sendezeit, seiner verbleibenden Zeit. Er hat einen Chinesen entführt und wurde zum Schein erschossen, ganz offensichtlich in der Zeit, in der wir den Couchtisch gerichtet haben, in Echtzeit: Das schließlich ist das Markenzeichen, das Genre, in das sich die Serie „24“ einordnet. Als Echtzeit-Serie und „Serial“ – eine Geschichte in streng aufeinander aufbauenenden Folgen, von denen man keine verpassen darf, um daran teilnehmen zu können.
24 Stunden Handlung, Terrorismus und geheime Staatsaffären, Handlungsstränge, -fäden und –fasern: Essenz von „24“ ist die Gleichzeitigkeit. Die Idee, ersonnen vom US-Drehbuch-Urgestein Joel Surnow („Miami Vice“) und seinem Kompagnon Robert Cochran, ist konsequent und geht so weit, während der Werbepausen weniger spektakuläre Ebenen fortzuführen und das Stilmittel des Splitscreens einsetzen. „24“ war weltweit erfolgreich – vor allem bei den DVD-Verkäufen. Aber eigentlich gehört sie ins Fernsehen, denn es geht um Terror – das unumstritten größte TV-Thema seit dem 11. September.
Jack Bauers Behörde heißt Counter Terrorist Unit (CTU) und ist eine Unterabteilung des CIA – eine Speerspitze im Krieg gegen den Terrorismus, selbst durchsetzt von Achsen des Bösen und stets im Spagat zwischen internen und internationalen Verschwörungen. „24“ scheint auf den ersten Blick ein Kind der post-9/11-Monate, in denen sich ein weltweiter Konspirationismus Bahn brach – lief aber bereits just im September 2001 an. Aus dem Erfolg der Sendung ist keine neue Wahrnehmung des Anti-Terror-Kampfes zu schließen. In der neuen Staffel aber scheinen die Figuren, allen voran ein überforderter US-Präsident, aus der Realität geschnitzt zu sein.
Zur Echtzeitserie der besonderen Art gehört das Programmumfeld, in dem sie läuft. Die Erstausstrahlungen – in den USA läuft am 17. Januar bereits die sechste Staffel an – zeigt Fox, in der Selbstsicht ohnehin eine mediale Counter Terrorist Unit. Hier zeigt RTL II die Sendung, zuschauerfreundlich in 3-Folgen-Happen. Der Tag beginnt um 20.15 Uhr, geht von 07.00 bis 10.00 Uhr, und endet um 23.55. Anschließend folgen die RTL-II-News, deren politische Relevanz mit einiger Sicherheit unter der des vorangegangenen Programms liegt.
Von der fünften Staffel, dem fünften Tag von „24“ ist viel zu erwarten. Wie die vorangegangenen Tage birgt auch dieser eine in sich geschlossene Erzählung; dies ermöglicht den neuen Einstieg. Während die Figuren um Jack Bauer herum wie die Eintagsfliegen dahinscheiden, bleibt der Einzelkämpfer eine der wenigen Konstanten. Ein Nervengasanschlag auf Los Angeles, der große Terror also, bildet die zweite. Sutherland wurde mit einem 40-Millionen-Deal an „24“ gebunden; alle anderen Figuren werden einsteigen und ausscheiden. Diese Staffel hat übrigens zum ersten Mal den Emmy als beste Dramaserie geholt – im stattlichen Alter von fünf Tagen.