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Der Gewinner heißt Tom Sänger, Unterhaltungschef bei RTL. Und mit ihm kann sich RTL freuen. Das klingt jetzt zunächst wie etwas, was schon bei jeder Staffel geschrieben wurde und augenscheinlich keine neue Erkenntnis ist. So wie auch schon viel zu oft bei jeder Staffel zu lesen war, womit RTL - bzw. eine Nummer größer gedacht - Bertelsmann an dem Format verdient. Doch es gibt etwas Bemerkenswertes. Und dabei geht es gar nicht um die Verwertungskette der Show oder die Einnahmen durch die Telefongewinnspiele. Es geht um etwas, wozu man dem Sender in der Tat gratulieren kann. Und das setzt viel früher an.

Unter Federführung von RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger ist bei "Deutschland sucht den Superstar" etwas gelungen, was nicht unbedingt den Geschmack jedes Fernsehzuschauers trifft, aber immerhin weitaus genug um bei Sänger und dem Sender für gute Stimmung zu sorgen. Eine neue Staffel ist deswegen natürlich schon beschlossene Sache. Was gelang? Die fast optimale Adaption einer internationalen Formatidee an die deutschen Sehgewohnheiten und Zuschauerinteressen. Und das war ein Prozess, der sich kontinuierlich über die bisherigen Staffeln entwickelte - aber umso deutlicher wird, wenn man sich noch einmal anschaut, wie die erste Staffel aussah.

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Das aus Großbritannien stammende Format wurde am Anfang deutlich stärker als Reality-Format erzählt. Die Castings? Das waren in der ersten Staffel Menschen pur, Emotionen pur. Keine Erzählstränge, keine Inszenierungen, keine Kampagnen. Der Wettbewerb allein sollte bei Teilnehmern wie Zuschauern die Spannung schüren und das Interesse wecken bzw. steigern. Vieles wurde eher dem Prinzip Zufall überlassen. Das funktionierte zunächst auch sehr gut - zweifelsohne weil es einfach neu und die erste Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" somit ein TV-Phänomen war.

Inzwischen hat sich "DSDS" aber sehr deutlich von diesem Reality-Aspekt verabschiedet. Sicher: Es ist nach wie vor eine Castingshow, in der man singen können muss. Doch das ist für die Quote und Ernsthaftigkeit des Formats erst später in den Live-Shows nötig. Die Castings bzw. genauer gesagt die Sendungen über die Castings hingegen hat RTL so weit vom ursprünglichen Original-Format entfernt wie es kein Sender in einem anderen größeren Fernsehland getan hat, in dem eine Adaption von "Popidol" läuft. Das hat sicher einen Grund: Dieter Bohlen. Ohne hin wäre "Deutschland sucht den Superstar" inzwischen nicht nur schwer vorstellbar. Inzwischen wäre es beim aktuellen Konzept ohne ihn schlicht unmöglich.
 
 


Denn seine Sprüche und die Inszenierung der ersten Folgen, jenen Casting-Folgen der neuesten "Superstar"-Staffeln sind ein markantes Markenzeichen geworden, dass fast mehr Interesse weckt als die Liveshows, was sicher nicht ohne Gefahr ist. Doch manche kalkulierte Eskalation in diesen Casting-Episoden hilft auch der PR für die anlaufende Staffel - was zwar beim Sender nie jemand zugeben, aber eben auch nicht dementieren würde. RTL beherrscht die Inszenierung - vor der Kamera und dahinter. Ob bei Pressearbeit oder Programmpromotion im eigenen Programm: Selten war diese Stärke von RTL so deutlich wie inzwischen bei "Deutschland sucht den Superstar".

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Die Inszenierung ist ein wichtiges Stilmittel geworden. Aus Reality wurde ein Stück weit Dokusoap. Etwas, was den Europäern sowieso mehr liegt als z.B. den Amerikanern, wo "American Idol" immer noch deutlich Reality-orientierter daher kommt. Diese Entwicklung kann man als Zuschauer kritisieren. Aber aus Branchensicht ist es durchaus interessant: Gerade wo internationale Formatideen oft so strikt standardisiert sind, ist es bemerkenswert wie konsequent RTL inzwischen das Format abgewandelt hat - und nach Auskunft von Unterhaltungschef Sänger in einem aktuellen Interview auch künftig bei Bedarf weiter modifizieren wird.

RTL erhält sich damit möglichst viel von der Attraktivität des Formats, wenn man die Einschaltquote und den PR-Rummel um das Format als Maßstab nimmt. Sicher - von früheren Bestwerten ist man inzwischen entfernt. Aber trotzdem hat der Sender auch künftig gute Karten, der Gewinner bei der Show zu bleiben. So schön die Vermarktungskette des Formats sowohl für Bertelsmann und Journalisten die darüber schreiben, ist: Sie funktioniert nur, wenn das TV-Format erfolgreich ist und da hat man in Köln bislang clever weiterentwickelt. Wenn am Samstagabend also Thomas Godoj und Fady Maalouf antreten und die Quote dank Regen vielleicht nochmal zulegt, hat ein ganz anderer Sänger gewonnen. Und der bastelt schon an Staffel 6 von "Deutschland sucht den Superstar".