Bild: ProSiebenSat.1Von Krise wollte man bei ProSiebenSat.1 zuletzt nichts wissen, betont gut gelaunt gab man sich in der Konzernzentrale auch bei allen Negativberichten der vergangenen Wochen. Doch der TV-Konzern, der inzwischen durch die Übernahme von SBS mit über 3 Milliarden Euro hochverschuldet ist, kann die Krise nicht mehr leugnen. Die Zahlen für das erste Quartal, die ProSiebenSat.1 am Freitag vorlegte, zeigen einen drastischen Gewinneinbruch bei zurückgehenden Umsätzen.

Zwar stieg der Umsatz formal im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Übernahme von SBS natürlich deutlich um 45,5 Prozent an, nimmt man aber den einzig aussagekräftigen Pro-Forma-Vergleich und zählt die Umsätze der beiden nun fusionierten Unternehmen auch im Vergleichsquartal 1/2007 zusammen, dann bleibt unter dem Strich ein Umsatzrückgang von 2,0 Prozent oder fast 15 Millionen Euro auf nun 729,1 Millionen Euro. Besonders drastisch fiel aber der Gewinnrückgang aus: Im Pro-Forma-Vergleich mit dem 1. Quartal 2007 bleibt ein massiver Rückgang des recurring Ebitda von 25,1 Prozent auf nur noch 88,5 Millionen Euro.

Schuld an dem miesen Ergebnis ist das Segment deutsches Free-TV. Hier sanken die Erlöse allein um 4,9 Prozent, das recurring Ebitda ging um 18,4 Prozent auf 57,6 Millionen Euro zurück. Neben der Quotenschwäche von Sat.1, die sich mit Verzögerung nun auch deutlich in den Werbeeinnahmen bemerkbar macht, wirkt sich hier vor allem auch das neu eingeführte Verkaufsmodell für Werbezeiten aus. Nötig wurde die Umstellung auf Druck des Kartellamts - doch Mediaagenturen kritisierten es von Anfang an als viel zu kompliziert und buchten offenbar lieber woanders. Kleinere Wettbewerber berichten seitdem von einem sehr gut laufenden Geschäft.

Inzwischen wurde das Verkaufsmodell angepasst, doch der Konzern räumt ein, dass es auch mindestens im zweiten Quartal noch zu deutlichen negativen Auswirkungen kommen wird. Für dieses Debakel übernahm nun ProSiebenSat.1-Marketingvorstand Peter Christmann die Verantwortung und reichte seinen Rücktritt ein. Er wird das Unternehmen Ende Juni 2008 nach 13 Jahren verlassen. Kommissarisch wird der Unternehmensbereich dann von Vorstandschef Guillaume de Posch geleitet. De Posch bedauerte in einem öffentlichen Statement dessen Entscheidung und bekundete gleichzeitig Respekt vor dieser. Um nun wieder Fahrt aufzunehmen, wird ProSiebenSat.1 seinen Werbeverkaufsbereich restrukturieren, "um dem deutschen Markt nach der Veränderung des Verkaufsmodells besser gerecht zu werden und das Unternehmen besser für die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung zu positionieren", wie es heißt. Was das genau bedeutet, dürfte der Konzern am Vormittag erläutern.

Doch nicht nur im deutschen Free-TV-Bereich lief es nicht rund, auch die anderen Konzernbereiche melden eher magere Zahlen. Das Segment Free-TV International, im Wesentlichen also die ehemalige SBS, konnte den Umsatz zwar um 1,3 Prozent auf 176 Millionen Euro steigern, das recurring Ebitda ging aber auch hier deutlich um 28,6 Prozent auf 27,5 Millionen Euro zurück. Schuld sind hier nach Konzernangaben Anlaufverluste zweier neuer Sender in Norwegen und Schweden. Und dann bereitet auch noch die ehemalige Cash-Cow 9Live Probleme. Der Umsatz im Call-In-Geschäft ist weiter rückläufig, was gemeinsam mit hohen Ausgaben für den Ausbau im Bereich Pay-TV und Video-on-Demand auch noch den Gewinn im Bereich Diversifikation einbrechen ließ. Statt 9,1 MIllionen Euro lag das recurring Ebitda diesmal nur noch bei 4,0 Millionen Euro.

Es brennt also gleich an mehreren Stellen bei ProSiebenSat.1 - denkbar schlecht für einen derart hoch verschuldeten Konzern. Guillaume de Posch: "Aus diesem Grund habe ich entschieden, die Umsetzung unserer Strategie durch eine Reihe von Maßnahmen zu beschleunigen." Das bedeutet de facto vor allem eines: Der Konzern, der sich seit Jahren für jede geglückte und missglückte Übernahme schön sparen musste, legt ein weiteres Sparprogramm auf. Im Vergleich zum ursprünglich geplanten Budget sollen allein 2008 weitere 70 Millionen Euro eingespart werden. Erreichen will man diese massive Einsparung durch "Reduktion der Vertriebs- und Verwaltungskosten und einer optimierten Nutzung des existierenden Programmvermögens". Dennoch wolle man weiter "aktiv in die Entwicklung neuer Programme investieren", heißt es tapfer. Genauere Aussagen auch hier womöglich auf einer für den Vormittag anberaumten Pressekonferenz.