Logos: Das Erste / ZDFDie Lage im Radsport ist unübersichtlich. Fast täglich gibt es neue Dopingenthüllungen, alle aber wohldosiert und zufällig immer auf den bereits verjährten Zeitraum bezogen. Seitdem sei man sauber, heißt es unisono. Wer wann wo gedopt hat und wer seit wann plötzlich nicht mehr und wer natürlich noch nie - das lässt sich kaum noch überblicken. Nicht weniger unübersichtlich ist die Lage in der Frage, ob ARD und ZDF weiterhin als übertragende Sender dabeibleiben.

Forderungen, ARD und ZDF sollen aussteigen wechseln sich beinahe stündlich mit genau entgegengesetzten Forderungen ab - und so richtig sicher scheint man sich bei den Sendern auch nicht zu sein, was nun die richtige Entscheidung ist. Sollten nun keine größeren neuen Dopingenthüllungen, die sich auf die aktuelle Saison beziehen, anstehen, wird sich an den geplanten Übertragungen aber wohl nicht ändern.

Zum jetzigen Zeitpunkt auszusteigen sei falsch, heißt es beim ZDF. Und auch die ARD lässt mitteilen, man plane "derzeit", an den Übertragungen von der Tour de France sowie der Deutschland-Tour festzuhalten. Dies hätten die Intendanten in einer Schaltkonferenz mit großer Mehrheit beschlossen. Man behalte sich aber vor auf neue Erkenntnisse oder aktuelle Entwicklungen hin zu reagieren. Damit entschieden sie gegen die Empfehlung des ARD-Programmbeirats.


Dessen Vorsitzender Timo Kunert hatte in der "Berliner Zeitung" gesagt, Doping-Geständnisse und Aussagen über flächendeckende Praktiken würden ihn "erheblich am angekündigten Selbstreinigungsprozess zweifeln" lassen. "Was steht dann im Vordergrund: Die Leistungen der Sportler oder die Gier der Zuschauer nach neuen Doping-Enthüllungen. So wie es aussieht, geht es dann nicht mehr um den Sport, sondern um die Männer am Straßenrand mit ihren Urinbechern in der Hand. Das ist reine Skandalberichterstattung, aber kein Sport", so Kunert in der "Berliner Zeitung".

Dennoch kündigte die ARD heute an, an den Übertragungen vorerst festzuhalten, und dem Thema Doping eine "zentrale Rolle in der journalistischen Berichterstattung" zukommen zu lassen. ARD-Vorsitzender Fritz Raff: "Unsere Berichterstatter haben sich umfassend vorbereitet, die Doping-Problematik ausführlich zu beleuchten. (...) Wir wollen damit zugleich unseren Druck auf Fahrer, Teams, Sportliche Leiter, Veranstalter und Verbände aufrecht halten." Die ARD werde zudem bis auf weiteres keine ehemaligen Profi-Radsportler als Co-Kommentatoren in der Live-Berichterstattung mehr einsetzen.

Wie es jedoch mittelfristig mit den Radsport-Übertragungen weitergehen soll, bleibt unklar. ARD und ZDF teilen mit, dass man auf eine Verlängerung der TV-Rechte derzeit lieber verzichte. Die Verträge laufen noch bis 2008, für das Jahr 2009 gibt es eine Option. Eine Entscheidung, ob diese gezogen werde, solle erst nach Ende der aktuellen Radsport-Saison getroffen werden, so die ARD in einer Mitteilung.

Ob man dann schlauer ist, ist allerdings fraglich. Bis vor kurzem beteuerten auch alle jetzt Geständigen ständig mit großen Worten, niemals Dopingmittel genommen zu haben - dennoch bleiben sie nach ihren Geständnissen offenbar weiter im Amt. Wieso man künftig den gleichen handelnden Personen plötzlich mehr Glauben schenken soll, bleibt fraglich. ZDF-Programmdirektor Brender sagte, es bedürfte "intensiver Gespräche". Sollten die nicht wunschgemäß verlaufen, brachte er eine Vereinbarung aller Medien ins Gespräch, die Tour de France medial vorerst nicht mehr stattfinden zu lassen.