Haben Sie einen kurzen Moment, um über Jesus Christus zu sprechen? Sie wissen schon, der von Gott gesandte Messias, der die Aufgabe bekam, die Menschheit von ihrem Leid und ihren Sünden zu befreien. Alles hat einst damit angefangen, dass Jesus Mutter, Maria, ein Gespräch mit Gott darüber führte, dass sie den Propheten austragen soll. Nach anfänglicher Skepsis erschien Gott auch ihrem Lebensgefährten Josef und so warteten beide in einem Stall in Betlehem auf die finalen Wehen. Oder? Laut der von Nutopia produzierten und heute und morgen auf History laufenden Doku-Reihe "Jesus – Sein Leben" ist bereits diese Information fälschlicherweise verbreitet worden.

So behauptet Autor und Experte James Martin, dass Jesus doch in einem Haus geboren wurde. Nur eben auf den billigsten Plätzen im Erdgeschoss, wo Familien damals auch ihre Zuchttiere hielten. Begründet wird dies mit einer falschen Überlieferung des Textes. Mit vermeintlichen Fakten wie diesen ist die gesamte achtteilige Reihe gespickt, was in erster Linie dafür sorgt, dass das bereits in unzähligen Werken gezeigte Leben Jesus Christus mit frischen Aspekten daherkommt. Kritiker bemängelten an der Event-Serie bereits die präsentierte Faktenlage, die stets als die Wahre angepriesen wird.

Ob sie nun wahr ist oder nicht – darüber lässt sich lange streiten. In der Sage um Jesus ist bis zum heutigen Tage nicht einmal eindeutig geklärt, ob er nun in Betlehem, oder doch in Nazareth geboren wurde. Die von den hier auftretenden Experten dargelegten Argumente, die dank der mancherorts schwierigen Formulierung jedoch leicht als schlichte Meinungen wahrgenommen werden können, fügen sich in diesen umstrittenen historischen Kontext also nicht groß anders ein. Als problematisch wird aber vor allem der direkte Vergleich zur Bibel gesehen – davon weicht "Jesus – Sein Leben" ganz gerne mal ab.

Für hartgesottene Bibel-Leser könnte diese Dokumentation somit ein ungewöhnliches Seherlebnis bieten. Der Entertainment-Faktor kann der Produktion jedoch nicht abgeschrieben werden. So ist die Kombination aus Historienfilm und großer Expertenrunde stets abwechslungsreich und das exakte Gegenteil eines Buches, welches über 1000 Seiten mehr oder weniger schwerer Kost inne hat.

Ein angenehmes Zuschauergefühl vermittelt vor allem die detailreiche First-Person-Sicht von Jesus selbst und vielen anderen Charakteren. Was hat Josef eigentlich genau gefühlt, als Maria nach drei Monaten Abwesenheit auf der Türschwelle stand, um ihm zu sagen, dass sie nun schwanger ist? Was hat Maria gedacht, als sie ihren Wundersohn aufwachsen hat sehen? Die Doku-Reihe macht in dieser Hinsicht einen tollen Job und spricht die Gründungsgeschichte des Christentums aus einer sehr menschlichen Sicht heraus aus.

Interessant wird es aber vor allem dann, wenn sonst eher weniger prominent besetzte Figuren ins Rampenlicht gestellt werden. Ein Pontius Pilatus, oder der Hohepriester Kajaphas, der maßgeblich an der Verurteilung von Jesu von Nazareth verantwortlich war. Wie oben beschrieben werden auch ihren tiefsten Beweggründe analysiert und auf authentische Weise dargestellt. Da kann der Serie auch der ein oder andere anstrengende Experte verziehen werden, wie beispielsweise Joel Osteen. Der Tony Robbins der Predigt spricht mit einem derart befremdlichen Enthusiasmus in die Kamera, dass bestimmte Szene aus dem Kontext herausgerissen wie die ideale Werbung für einen Sekteneinstieg wirken.

Wenn Szenen wie diese ausgeblendet werden und man sich selbst nicht als größten Bibel-Experten sieht, funktioniert "Jesus – Sein Leben" erstaunlich gut. Vor allem für Nicht-Gläubige ist es ein frischer Ansatz, das Grundwissen mit allerlei Fun 'Facts' um den Messias und Begründer unseres Kalenders aufzufrischen.

"Jesus - Sein Leben" wird sowohl am heutigen Sonntag, also auch am Montag ab 20:15 Uhr auf History ausgestrahlt.